DAKS-Newsletter Juli 2012 ist erschienen!

Wie geht es weiter mit dem Arms Trade Treaty? – Diese Frage ist nach wie vor offen. Robert Lindner (Oxfam Deutschland e.V.) versucht in seinem Beitrag für den neuen DAKS-Newsletter eine Zwischenbilanz zu ziehen. Gleichzeitig gibt er einen umfassenden Überblick, wie man den Fortgang der Verhandlungen auch aus Deutschland verfolgen kann.

Wie kommen schweizer Handgranaten nach Syrien? – Auch dies ist eine offene Frage. Heinrich Frei gibt in seinem Gastbeitrag einen Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand und gibt damit ein Beispiel, weshalb ein Arms Trade Treaty dringend notwendig ist.

Weitere Themen, die im neuen DAKS-Newsletter behandelt werden: Ein Hintergrundartikel über Deutsche Polizeipistolen, der das „Lizenzlexikon“ über die Waffen von Heckler & Koch abschließt. Ein Hintergrundartikel über neue Zielfernrohr-Entwicklungen.Und ein Überblicksartikel über Informationsquellen im Internet zum Thema Rüstung und Kleinwaffen.

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Arms Trade Treaty: Halbzeit bei UN-Verhandlungen

von Robert Lindner (Oxfam Deutschland e.V.)

Kaum hatte die UN-Verhandlungskonferenz zu einem Abkommen zur Kontrolle des Handels mit konventionellen Rüstungsgütern (Arms Trade Treaty, kurz: ATT) am 2. Juni in New York begonnen, gab es bereits einen Eklat. Zwei Tage lang dominierte die Aufmerksamkeit anstatt der üblichen Ministerstatements ein bizarrer Streit zwischen einigen UN-Mitgliedern um den Delegationsstatus der Palästinenser und des Heiligen Stuhls. Als Folge fand leider die Eröffnungsrede von Ban Ki-moon nicht die verdiente Beachtung. „Die Welt ist überrüstet und der Friede ist unterfinanziert“, sagte der UN-Generalsekretär und beklagte die vielen Opfer als Folge fehlender Waffenhandelskontrollen. Ban forderte ein robustes und rechtlich verbindliches Abkommen, das insbesondere wirksame Genehmigungskriterien auf Basis der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts beinhalten müsse.

600.000 Stimmen für starken ATT

Ban Ki-moon bedankte sich in seiner Rede auch ausdrücklich bei den Organisationen der Zivilgesellschaft für ihre unermüdliche Unterstützung des ATT-Prozesses. Tags zuvor hatte er von Aktivist/innen der „Control Arms“-Kampagne über 600.000 symbolische „Stimmen“ aus aller Welt für ein striktes Kontrollabkommen entgegengenommen.

Nach der Hälfte der vier Sitzungswochen erscheint das Ergebnis noch völlig offen. Es liegt bereits ein neues Diskussionspapier des Vorsitzenden der „NegCon“, Roberto García Moritán vor. Es fällt leider in manchen wichtigen Punkten deutlich hinter das Vorgängerpapier zurück – es wird also noch viel Arbeit für ATT-freundliche Staaten und Nichtregierungsorganisationen (NRO) nötig sein, um ein gutes Ergebnis zu sichern. In den kommenden zwei Wochen soll in getrennten Arbeitsgruppen zu den einzelnen Abschnitten und Inhalten eines Vertragsdokumentes (allgemeine Ziele, Präambel/Prinzipien, Regelungsumfang/Scope, Genehmigungskriterien, Implementierung, Schlussbestimmungen) verhandelt werden.

Zivilgesellschaft unerwünscht?

Auf Druck einer kleinen Minderheit von Staaten wurde zu Beginn der ersten Woche beschlossen, die Hälfte der formellen Sitzungen hinter geschlossenen Türen abzuhalten – unabhängige und kritische Beobachter sind praktisch nicht mehr erwünscht. Dies ist ein Affront nicht nur gegen die zahlreich angereisten Zivilgesellschaftsvertreter/innen, sondern auch gegen den UN-Generalsekretär, der zu Beginn der Konferenz deren bedeutende Rolle betont hatte.

Unabhängige Beobachter können sich seither kein umfassendes Bild mehr von den Entwicklungen im Konferenzsaal machen. Dennoch scheinen sich bereits einige inhaltliche Konflikte zwischen den Delegationen abzuzeichnen, etwa um den Umfang der zu kontrollierenden Güter (vor allem Munition ist weiterhin umstritten) und die Frage der Genehmigungskriterien wie z.B. die Menschenrechtslage, Achtung des humanitären Völkerrechts und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Empfängerland.

Zahlreiche Statements, die von Delegationen zu Protokoll gegeben worden sind, können bereits von der offiziellen Konferenzwebsite abgerufen werden, öffentliche Sitzungen werden in einem Livestream übertragen. Der Link dorthin und zu weiteren Websites mit aktuellen Informationen rund um die Verhandlungen sind im Folgenden aufgeführt.

Ein Abschlussbericht zu den ATT-Verhandlungen folgt in der nächsten Ausgabe des DAKS-Newsletters.

Aktuelle Informationen im Internet:

Offizielle Website der UN-Konferenz:http://www.un.org/disarmament/ATT: Konferenzdokumente, Livestream, Veranstaltungstermine. (von UN Office of Disarmament Affairs / UNODA)

Arms Trade Treaty Monitor Blog:http://attmonitor.blogspot.de/: Aktuelle Berichte und Kommentare zu den UN-Verhandlungen. (u.a. von Reaching Critical Will, IANSA und anderen NRO)

Control Arms Blog:http://controlarmsblog.posterous.com/: Aktuelle Kommentare, Videos, Berichte zu Aktionen zu den ATT-Verhandlungen. (von „Control Arms“)

Control Arms Website: http://www.controlarms.org: Weitere Informationen der „Control Arms“-Kampagne. (von Oxfam, Amnesty International, IANSA und anderen NRO)

Armstreaty.org:http://armstreaty.org/: Datenbank mit Auszügen aus bisherigen Positionen einzelner Staaten zu verschiedenen ATT-Themen wie z.B. Einbeziehung von Menschenrechten, Entwicklung, Brokering, Kleinwaffen, ATT-Implementierung usw. (von „Control Arms“)

Reaching Critical Will: http://reachingcriticalwill.org: Umfangreiche Informationen zu den UN-Verhandlungen zum Arms Trade Treaty und anderen UN-Rüstungskontrollprozessen. (von „Reaching Critical Will“, ein Projekt der Women’s International League for Peace and Freedom, das zu den ATT-Verhandlungen mit „Control Arms“ kooperiert

Twitter: Aktuelle Kurzmeldungen live von den Verhandlungen z.B. von: @controlarms, @ArmsTreaty, v.a. unter den Hashtags: #armstreaty und #controlarms.

Schweizer Handgranaten der RUAG in Syrien

von Heinrich Frei, Zürich

Die „SonntagsZeitung“ aus Zürich berichtete am 1. Juli 2012: „Die Freie Syrische Armee setzt im Kampf gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad Schweizer Handgranaten ein.“ Die Behörden der Schweiz nehmen heute an, dass diese Handgranaten in Syrien aus einer Lieferung an die Vereinigten Arabischen Emirate aus dem Jahr 2003 stammen. Damals sind insgesamt 225.162 Handgranaten durch den bundeseigenen Rüstungskonzern RUAG an die Armee der Emirate ausgeführt worden. Die Regierung dieses Staates hatte allerdings damals eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung unterzeichnet.

Bereits 2005 hatten die Vereinigten Arabischen Emirate 40 Panzerhaubitzen aus der Schweiz nach Marokko exportiert, obwohl sie auch damals eine Erklärung unterzeichneten, die Waffen nicht wieder auszuführen.

Im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen im letzten Jahr schossen libysche Aufständische mit Nato-tauglicher Gewehrmunition M80. Herstellerin dieser Munition war die Schweizer RUAG Ammotec in Thun.

Stopp der Kriegsmaterialexporte nach den Arabischen Emiraten

Weil die Beweislage der Handgranatenlieferung noch ungesichert ist, verfügten die Schweizer Behörden nur einen provisorischen Exportstopp für Kriegsmaterial nach den Arabischen Emiraten. Das Exportverbot für Kriegsmaterial trifft auch die Stanser Flugzeugwerke Pilatus. Die 25 Pilatus-Flugzeuge, die die Arabischen Emirate bei Pilatus für 500 Millionen Schweizerfranken (417 Mio. Euro) bestellt hatten, sind jedoch bereits ausgeliefert. Offen ist nur noch die Lieferung von Ersatzteilen, Software sowie Unterhalts- und Garantieleistungen.

Lieferant der Handgranaten: Internationaler Technologiekonzern RUAG

Der bundeseigene RUAG-Konzern hat auch Produktionsstätten in Deutschland (Oberpfaffenhofen, Hamburg, Berlin, Sulzbach-Rosenberg und Fürth), Schweden (Åmotfors, Linköping und Göteborg), Ungarn (Sirok), Österreich (Wien und Berndorf) und in den Vereinigten Staaten (Los Angeles und Tampa). 48 Prozent des Umsatzes erzielt die RUAG auf dem zivilen Sektor und 52 Prozent auf dem militärischen.

Homepage der RUAG: „Die RUAG Gruppe ist ein internationaler Technologiekonzern für Aerospace (Luft- und Raumfahrt) und Defence (Sicherheits- und Wehrtechnik) mit Produktionsstandorten in der Schweiz, Deutschland, Schweden, Österreich, Ungarn und den USA. Mit 53% erzielt die RUAG Gruppe heute mehr als die Hälfte des Nettoumsatzes ausserhalb des Schweizer Heimmarktes […].“

Die RUAG „ist international mit Technologiepartnern wie Airbus, ASML, Astrium, Boeing, Bombardier, Dassault, European Space Agency (ESA), Hilti, Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall vernetzt.“

Strenges Gesetz wird nicht eingehalten

Das Schweizer Kriegsmaterialexport-Gesetz gilt im internationalen Vergleich als eines der strengsten. Das Gesetz untersagt die Lieferung von Kriegsmaterial an Staaten, die in interne oder internationale bewaffnete Konflikte verwickelt sind, an Länder, in denen es zu systematischen und ernsthaften Verletzungen der Menschenrechte kommt, oder wo Waffen gegen die Zivilbevölkerung zum Einsatz kommen.

Die Praxis: Von 1975 bis 2011 exportierte die Schweiz für 14,941 Milliarden Franken (12,45 Mrd. Euro) Kriegsmaterial, laut der offiziellen Statistik des Bundes. Zu einem grossen Teil gingen diese Ausfuhren an Krieg führende Staaten, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt, in denen Menschen hungern.

Lizenzlexikon Heckler & Koch: Die Pistolen P2000 und P30

Jahrzehnte lang verwendete James Bond eine Walther-Pistole Modell PPK als Dienstwaffe. Und auch heute verwendet er eine Waffe von Walther, nämlich eines der Nachfolgemodelle der PPK, die P99, wie sie auch von der Polizei in einigen deutschen Bundesländern verwendet wird. Die Verwendung bei Hollywood kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass nicht die Waffen des deutschen Kleinwaffen-Herstellers Walther, sondern diejenigen des österreichischen Produzenten Glock – weltweit betrachtet – zu den wohl am häufigsten genutzten Polizei-Dienstwaffen gehören. Die Gründe hierfür sind fast schon banal: Die Entwicklung der P99 von Walther, aber in ganz ähnlicher Weise auch der P2000 und P30 von Heckler & Koch, wurde durch die Ausschreibungen der deutschen Polizeien motiviert. Aussehen und Funktionsweise der entsprechenden Waffen orientieren sich ausschließlich an der entsprechenden Technischen Richtlinie, wie sie vom Polizeitechnischen Institut der Deutschen Hochschule der Polizei formuliert worden ist. Entstanden sind auf diese Weise einzigartige Waffen, die vollständig auf die Bedürfnisse der deutschen Polizei und ihre Einsatzrichtlinien zum Schusswaffengebrauch zugeschnittensind. Um die Waffen für einen breiteren Markt – etwa im Bereich des Militärs und der militärischen Spezialeinheiten – attraktiv zu machen, sind häufig erst Anpassungen notwendig, die die Entwicklungs- und Produktionskosten erhöhen. So verwendet die Bundeswehr zwar Pistolen von Heckler & Koch, diese wurden jedoch den anderen Einsatz-Bedingungen und -Szenarien angepasst.

Diese Situation führt zu drei Konsequenzen:

  1. Waffenmodelle ausländischer Hersteller haben auf dem deutschen Markt für Dienstwaffen faktisch keine Chance. In der Praxis ist die Technische Richtlinie somit ein Instrument, das den deutschen Waffenmarkt nach außen abschottet. Aktuell werden in den verschiedenen deutschen Polizei-Behörden Waffen von exakt drei verschiedenen Kleinwaffen-Herstellern verwendet. Und alle drei kommen aus Deutschland:

SIG Sauer mit Sitz in Eckernförde hat vor allem in der Vergangenheit zahlreiche Behörden beliefert. Aktuell gibt es nur noch einige Altverträge mit ostdeutschen Bundesländern, die diese Waffen noch nicht ausgemustert und durch neue Modelle ersetzt haben.

Verbreitung von SIG Sauer-Pistolen in deutschen Behörden

BehördePistolen-Modell
Polizei BerlinP6 und P226
Polizei BrandenburgP226
Polizei Mecklenburg-

VorpommernP6Polizei Sachsen-AnhaltP6

Walther mit Sitz in Ulm hat seine Pistole P99 in engster Abstimmung mit den deutschen Polizei-Behörden entwickelt und konnte eine Reihe von Ausschreibungen für sich gewinnen.

Verbreitung von Walther-Pistolen in deutschen Behörden

BehördePistolen-Modell
Polizei BremenP99Q
Polizei HamburgP99Q
Polizei Nordrhein-WestfalenP99DAO
Polizei Rheinland-PfalzP99Q
Polizei Schleswig-HolsteinP99Q

Heckler & Koch mit Sitz in Oberndorf schließlich konnte mit seinen Modellen P2000 und P30 ebenfalls einige Ausschreibungen gewinnen und hält nach wie vor einige Altverträge.

Verbreitung von Heckler & Koch-Pistolen in deutschen Behörden

BehördePistolen-Modell
BundespolizeiP30
ZollP30
Polizei Baden-WürttembergP2000
Polizei BayernP7
Polizei HessenP30
Polizei NiedersachsenP2000
Polizei SaarlandP10
Polizei SachsenP10
Polizei ThüringenP10
  1. Die enge Orientierung an den deutschen Einsatzrichtlinien und der deutschen Polizei-Kultur führt dazu, dass es für die Hersteller dieser Waffen ein Ereignis darstellt, wenn ausländische Polizei-Dienststellen als Kunden gewonnen werden können. So haben die Waffen von Walther auf dem internationalen Behörden-Markt bisher keine substantielle Verbreitung gefunden. Heckler & Koch war im Vergleich dazu verhältnismäßig erfolgreich: Die Pistole P2000 wird seit einigen Jahren von der Customs and Border Protection und der United States Border Patrol verwendet und die P30 gewann eine Ausschreibung der Züricher Kantonspolizei. Hinzu kommt, dass die erwähnten militärischen Modellvarianten ebenfalls einen gewissen Kundenkreis gewinnen konnten. Exporte in die USA, nach Griechenland und Pakistan sind bekannt. Verkäufe an andere Länder lassen sich bedingt durch die nur sehr lückenhaft vorhandenen Informationen nicht rekonstruieren. Lediglich SIG Sauer konnte mit seinen Waffen und insbesondere mit den Modellen P229, P232, P239 und P250 zahlreiche Verkäufe in den USA tätigen. Angaben des Unternehmens zufolge sollen rund 30 % aller US-Polizisten Waffen von SIG Sauer führen. Dies gelang jedoch nur, weil das Unternehmen sich entschlossen hat, eine Exportstrategie zu verfolgen und den deutschen Behörden-Markt mit dessen Technischen Richtlinien nicht zu beachten. In Konsequenz hieraus ist es SIG Sauer in den vergangenen Jahren nicht mehr gelungen, Verträge mit deutschen Behörden abzuschließen.
  2. Gerade weil die deutschen Kleinwaffen-Hersteller die Waffen für den deutschen Behörden-Markt entwickeln und daher wissen, dass sie mit ihren Produkten auf dem internationalen Markt kaum eine Chance haben, ringen sie hart miteinander um die jeweiligen Aufträge. Mehrfach musste deshalb bereits die Vergabe von Dienstwaffen neu ausgeschrieben werden, weil insbesondere Heckler & Koch gegen die jeweiligen Entscheidungen Rechtsmittel eingelegt hatte (siehe DAKS-Newsletter 11/2009). Diese Strategie wendet das Unternehmen mittlerweile auch bei internationalen Ausschreibungen an: Heckler & Koch klagte gemeinsam mit seinem Konkurrenten Walther gegen die Entscheidung der niederländischen „Rijksoverheid“ zum Kauf einer neuen Polizei-Pistole, die auf dem Modell der P250 von SIG Sauer basieren sollte. Ohne dass es zu einem formalen Prozess gekommen wäre, war das Vorgehen so weit erfolgreich, da das niederländische Innenministerium den Vorvertrag mit SIG Sauer zwischenzeitlich wieder aufgelöst hat. Wer nun zum Zuge kommen wird, ist noch nicht bekannt.

Unter diesen Vorzeichen ist klar, dass das Thema Lizenzproduktion im Bereich von Pistolen bisher keine Rolle spielt. Ob das so bleibt oder ob Heckler & Koch mittelfristig Produktionslizenzen anbieten wird, um seine Chancen bei internationalen Ausschreibungen zu vergrößern, bleibt abzuwarten. Sicher ist in diesem Zusammenhang nur eines: Sollte jemals eine Lizenz vergeben werden, dann wird dies in der Öffentlichkeit nicht bemerkt werden. Pistolen, wie sie von der Polizei verwendet werden, sind aus Sicht des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KWKG) nichts anderes als „Jagd- und Sportwaffen“, deren Export in der Regel pauschal genehmigt wird. Unter diesen Umständen dürfte es sehr schwierig werden, einen entsprechenden Export auch nur mitzubekommen.

Eine neue Generation von Zielfernrohren: Horus Vision

Jeder Schuß ein Treffer – diese Redewendung beschreibt den Traum vieler Militärs. Um wie viel einfacher wäre die Logistik des Nachschubs zu organisieren, wenn gar nicht so viel Material benötigt würde, weil die Kampftruppen die vorhandenen Waffen und Munition unglaublich effizient einsetzen können. Um wie viel leichter wäre der Kampf selbst, wenn der Feind effizient bekämpft und getötet werden würde.

Wenn dieser Satz bis heute ein „Traum“ geblieben wird, dann liegt das vor allem an der Komplexität des Schießens. Natürlich kann man die jeweilige Waffe „optimieren“ und natürlich kann man den einzelnen Soldaten viel Zeit zum Üben geben. Und dennoch, damit ein Schuss zu einem Treffer wird, müssen drei Systeme zusammenspielen: Die Waffe muss funktionieren, der Schütze muss in ihrem Umgang geübt und in der Lage sein, Umwelteinflüsse (Entfernung, Außentemperatur, Windgeschwindigkeit etc.) beim Zielen mitzuberücksichtigen. Und schließlich muss das Zielgerät die Entscheidungen des Schützen möglichst genau an die Waffe kommunizieren. Es ist dieser letzte Schritt, das Zielgerät, auf dem in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit vieler Militärtechniker lag. Die Entwicklung der Granatwaffe XM-25, das in der Lage ist einzel-programmierbare Granaten zu verschießen, ist vor diesem Hintergrund zu sehen. In das Zielgerät wurde ein Entfernungsmessgerät integriert. Mit dessen Hilfe berechnet ein kleiner Computer die Flugzeit, die die einzelne Granate bis zum anvisierten Zielpunkt benötigt, und programmiert über eine Schnittstelle einen Zeitzünder in der zu verschießenden Granate. Nach Erreichen des Ziels verrichtet dieser sein Werk (mehr dazu und zu vergleichbaren Entwicklungen im DAKS-Newsletter 10/2009). Mittlerweile scheint es, als würde diese Entwicklung – in angepasster Form – auch den Bereich der „normalen“ Kleinwaffen erreichen. In diese Richtung deutet jedenfalls die neueste Generation von Zielfernrohren, wie sie etwa von der US-amerikanischen Firma Horus Vision entwickelt und vermarktet wird. Neu an diesen Geräten ist zunächst nur das Design des Fadenkreuzes, das anders als die von der deutschen Firma Hensold entwickelte Zieloptik des Schnellfeuergewehrs G36 über eine Vielzahl an schachbrettartig angeordneten Zielpunkten verfügt.

Die Idee hinter dieser Neuerung ist bestechend und wird im Rahmen eines Demo-Videos (auf Englisch) demonstriert. Das herkömmliche Fadenkreuz-Design erlaubt dem Schützen lediglich das gezielte Schießen im Rahmen einer vorher festgelegten Schussdistanz. Über- oder unterschreitet er diese, muss er mehr oder weniger intuitiv entscheiden, wie hoch oder tief er den Zielpunkt neu ansetzt. Bei der Zieloptik von Horus Vision ist das anders. Verfügt der Schütze über einen Entfernungs- und Windmesser, kann er mit Hilfe einer ebenfalls von Horus Vision vertriebenen Software berechnen, welchen Zielpunkt er verwenden muss, um das anvisierte Ziel auch wirklich zu treffen. (Das Demo-Video veranschaulicht den Ablauf). Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Entfernungsmessung und Flugbahnberechnung in das Zielgerät integriert werden werden. – Schon jetzt beliefert Horus Vision Einheiten des US-Militärs mit seiner neuen Zielhilfe, ein interessierter, potentieller Finanzgeber um diese Integration zu entwickeln, ist also schon in Sicht. – Der Vision von „jeder Schuß ein Treffer“ dürften die Entwickler des Militärs dann einen beträchtlichen Schritt näher gekommen sein.

Informationen über Rüstung? – heute im Internet

An die legendäre ami (antimilitaristische informationen) kommen die heutigen Publikationen nicht so leicht heran, aber es gibt doch einige neue Informationsmöglichkeiten im Internet und in einigen, mittlerweile zusammengerückten Archiven und Organisationen. So bekommt man etwa beim BITS (Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit) seit 1991 stets fundierte Texte, die von Otfried Nassauer und MitarbeiterInnen geschrieben werden. Die DFG-VK in ihrer Zeitschrift ZivilCourage und die AG Friedensforschung (Friedensratschlag Kassel) berichten immer wieder über Rüstungsthemen, ebenso wie die Publikationen von Ohne Rüstung Leben (demnächst mit eigener Internetseite!). Oxfam informiert seit vielen Jahren umfassend zu den ATT-Verhandlungen. Die GKKE (Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung) gibt jedes Jahr einen eigenen Rüstungsexportbericht heraus. Das BICC (Bonn International Center for Conversion) betreibt Konversions- und Konfliktforschung. Das RIB (RüstungsInformationsBüro, mit Sitz in Freiburg) beherbergt heute das größte Rüstungsexportarchiv in der BRD und wohl weit darüber hinaus, hier können Anfragen zu Firmen und Exporten gestellt werden. Aktuelle Infos zur Kampagne für ein Waffenexportverbot im Grundgesetz gibt es auf der Website von „Aktion Aufschrei“. Auch einige Bundestagsabgeordnete behandeln das Thema kritisch, so erstellen die MitarbeiterInnen von Jan van Aken (DIE LINKE) seit einiger Zeit ein „Waffenexport-Telegramm“. Für die Region Bodensee gibt es eine Internetseite mit Hinweisen auf konkrete Firmen und Waffentypen. Für die Schweiz müssen die GSOA (Gruppe für eine Schweiz ohne Armee) und der Schweizer Friedensrat genannt werden, von diesen Organisationen werden auch immer wieder deutsche Rüstungsexporte thematisiert. Terre des hommes berichtet über den Zusammenhang von Kindersoldaten und Kleinwaffen.

Sicher fehlen jetzt viele in dieser Liste, sie ist nicht vollständig. Das ist aber auch gut, denn es bedeutet, dass sich viele Menschen gegen Rüstungsproduktion und Waffenexporte engagieren!

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