DAKS-Newsletter Januar 2013 ist erschienen!

Ein neues Jahr hat begonnen – was mag es bringen? Das Problem ist nicht, dass das niemand weiß, sondern dass scheinbar niemand eine Vision zu formulieren vermag, was es bringen soll. Die Ansprachen und Erklärungen verschiedener katholischer Bischöfe im Kontext des Weltfriedenstags 2013 legen hiervon ein erschreckendes Zeugnis ab. Mehr dazu im neuen Newsletter.

Unter diesen Umständen ist es zu begrüßen, dass zumindest manche terminliche Eckpunkte des neuen Jahres schon jetzt greifbar werden. Im kommenden Mai 2013 wird IPPNW einen Kongress zur Kleinwaffen-Problematik organisieren („Zielscheibe Mensch“) Das Nottinghamer Aktionsbündnis „Shut down HK“ setzt seine rüstungskritische Arbeit fort. Und: Amnesty International intensiviert seine Arbeit für die Erarbeitung und Verabschiedung eines Arms Trade Treaty. Zu all dem – mehr im neuen Newsletter.

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Zielscheibe Mensch“: internationaler Kongress zu Kleinwaffen in der Nähe von Oberndorf

Diesen Frühsommer wird im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen ein besonderes Ereignis stattfinden: Dort wird – für Deutschland eine Premiere! – die deutsche Sektion der IPPNW einen internationalen Kongress zu den Folgen von Kleinwaffenexporten veranstalten. Kooperationspartner sind die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“, die Stadt Villingen-Schwenningen und die internationale Kampagne Aiming for Prevention. Ort der viertägigen Konferenz (30.5.2013 bis 2.6.2013) ist die Neue Tonhalle in Villingen-Schwenningen. Wie Ernst-Ludwigs Iskenius von Refugio e. V. in einer Pressemitteilung bekannt gab, wird es in den Beiträgen der ReferentInnen um die sozialen, psychischen und gesundheitlichen Konsequenzen der weltweiten Verseuchung durch Kleinwaffen gehen. Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

„Der Ort wurde bewusst in die Region gelegt, wo Heckler & Koch, die größte und wichtigste europäische Kleinwaffenproduktionsstätte ihren Hauptsitz hat. Eingeladen sind Fachleute, vor allem auch Ärzte und Ärztinnen aus den betroffenen Ländern, die unter der Kleinwaffenplage besonders leiden und hohe Opferzahlen zu verzeichnen haben, die zu ihren alltäglichen konkreten Erfahrungen berichten können. Zugesagt haben bisher Referenten aus Südafrika, Kenia, Nigeria, USA, Iran, Australien und Nepal. Der Kongress soll zum einen die gegen den gesteigerten Waffenhandel Aktiven in Nord, Süd, West und Ost zusammenbringen, um gemeinsame Strategien gegen die zunehmende Verseuchung von Kleinwaffen (die UNO spricht vom Massenvernichtungsmittel Nr. 1 des 21. Jahrhunderts) zu entwickeln, und auch die bestehenden Netzwerke festigen und zusammenbringen. Zum anderen soll dieser Kongress die öffentliche Aufmerksamkeit auf unsere deutsche und europäische Verantwortung für den Tod und die Verstümmelung von Millionen Menschen lenken, denen durch Kleinwaffen so viel Leid zugefügt wird. Geplant sind nicht nur Plenarsitzungen, Workshops und Vorträge, sondern der Kongress wird eine Exkursion zu Heckler & Koch in Oberndorf durchführen. Im Vorfeld werden junge Mediziner aus zehn verschiedenen Ländern in einer Fahrradtour von Ulm nach Villingen-Schwenningen auf die Probleme des internationalen Waffenhandels hinweisen. Die internationalen Experten können auch um den Kongress herum für Veranstaltungen in einzelnen Orten genutzt werden.

Der Kongress wird in deutscher und englischer Sprache geführt. Frühzeitige Anmeldungen sind hochwillkommen. Unter www.zielscheibe-mensch.org wird regelmäßig über den neuesten Stand der Kongressvorbereitung und der Programmentwicklung berichtet. Über diese Website ist auch die Anmeldung und eine Unterkunft zu buchen (auch Privatunterkünfte). Der Kongressbeitrag beträgt 100 Euro, ermäßigt 60 Euro, ab dem 1.3. 120 Euro, ermäßigt 80 Euro. Wer die Kongressankündigung weiter verbreiten und entsprechende Flyer in seiner Umgebung verteilen möchte, soll sich bei der IPPNW-Geschäftsstelle melden (Körtestrasse 10, 10967 Berlin, Tel. 030-6980740 oder E-Mail: uhe@ippnw.de). Wer noch einen Workshop oder sonstigen inhaltlichen Beitrag zu diesem Kongress halten möchte, sollte sich ebenfalls unter der obigen Adresse melden.“

Wir wünschen dem Kongress ein gutes Gelingen und den hoffentlich zahlreichen TeilnehmerInnen neue Erkenntnisse, einen fruchtbaren Austausch und Inspirationen für die kommenden Aktionen gegen den Waffenexport!

Rüstungskritische Arbeit in Nottingham geht weiter

Anlässlich einer Gesundheitstagung, die im Herbst zufällig im Nachbargebäude der Heckler & Koch-Niederlassung im Industriegebiet von Nottingham stattfand, verteilten AktivistInnen der Kampagne „Shut down HK“ Flugblätter, um die meist unwissenden Tagungsteilnehmer über die Kriegswaffenfirma nebenan zu informieren. Darüber wird auf der Internetseite von „Notts Antimilitarism“ berichtet. Auch monatliche Protestveranstaltungen gegen die skrupellosen Waffenexporte von HK werden weiterhin veranstaltet.

Auf dem Orientierungsschild für das Industriegebiet nennt Heckler & Koch seinen Namen nicht. Der Wunsch der Firma, anonym zu bleiben, wird von den AktivistInnen nicht erfüllt. Aber immerhin weisen sie darauf hin, dass potentielle Käufer (unter ihnen diktatorische Regime wie Saudi-Arabien oder kriegführende NATO-Staaten) hier „Kriegsmaterial“ kaufen können: H+K Guns for Sale.

Arms Trade Treaty: Amnesty International startet Online-Petition

Unter dem Motto „Hände hoch Mister Obama – Hände hoch für Waffenkontrolle!“ will Amnesty International im Vorfeld der vom 18. bis 28. März stattfindenden UN-Konferenz zu einem Waffenhandelskontrollvertrag (Arms Trade Treaty, ATT) für einen starken Vertragstext werben – mit einer Petition, die man im Internet unterschreiben kann. Die Menschenrechtsorganisation weist darauf hin, dass jede Minute ein Mensch durch Waffengewalt sterbe – das seien eine halbe Million Menschen jedes Jahr. Amnesty International fordert deshalb strikte Regeln für den weltweiten Waffenhandel und sieht die USA als größte Waffenexportnation der Welt besonders in der Pflicht, einen Vertrag zur Kontrolle des Waffenhandels zu unterstützen. Die UnterzeichnerInnen der Petition fordern US-Präsident Barack Obama auf, sich bei den UN-Verhandlungen für einen starken ATT zu entscheiden.

Nationales Waffenregister eingerichtet

Am 21. Mai 2008 wurde die EU-Richtlinie 2008/51/EG des Parlaments und des Rates verabschiedet. In den darin enthaltenen einleitenden Überlegungen ist ein Passus enthalten, der vorschreibt (siehe: Ziff. 8): „Die Mitgliedstaaten müssen […] ein computergestütztes zentral oder dezentral organisiertes Waffenregister einrichten, das den zuständigen Behörden zugänglich ist und in dem die erforderlichen Angaben zu jeder Feuerwaffe gespeichert sind.“ Nun, knapp fünf Jahre später ist es soweit, Deutschland hat es geschafft, nach und trotz teils heftigem Protest von Sportschützen und Jägern, (vgl. etwa die Berichterstattung im DWJ) das geforderte Waffenregister einzurichten. Anders als teilweise behauptet (vgl. etwa die „Zeit“) hatte die Schaffung also nichts mit dem Amoklauf von Winnenden (März 2009) zu tun, sondern stellt lediglich die Umsetzung der EU-Vorgaben dar.

Die Einführung des Registers ist grundsätzlich zu begrüßen, da den Sicherheitsbehörden damit erstmals ein schneller und einfacher Zugriff auf alle relevanten Daten möglich wird. Wie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) betont, sei es relevant, ob an einem Einsatzort und z. B. bei einer Familienauseinandersetzung eine Waffe registriert ist oder nicht. Eine andere Frage ist, welchen Wert die nun publizierten absoluten Zahlen zum privaten Waffenbesitz in Deutschland besitzen. Nach den nun veröffentlichten Zahlen gibt es in Deutschland 1,4 Millionen Waffenbesitzer, die insgesamt rund 5,5 Millionen Waffen legal besitzen. Die Angaben bestätigen damit noch einmal die Zahlen, die von der niedersächsischen Landesregierung als Antwort auf eine Anfrage von Bündnis ’90 / Die Grünen veröffentlicht worden sind, wonach in Deutschland 5.784.971 erlaubnispflichtige Waffen legal von Privatleuten besessen werden.

Diese Zahl ist extrem niedrig, stellt man in Rechnung, dass unabhängige Schätzungen des Small Arms Survey bisher von 20-30 Millionen Schusswaffen in Deutschland ausgegangen sind. Einerseits. Andererseits scheint es jedoch auch angebracht, die Zahlen zu kontextualisieren. Der Small Arms Survey verweist in seiner schon zitierten Analyse der deutschen Situation (vgl. insbesondere S. 51) insbesondere auch auf eine amtliche Erhebung aus dem Jahr 1972, derzufolge damals rund 3,2 Millionen Schusswaffen in Deutschland legal besessen wurden. Gegenüber den UN gab das deutsche Außenministerium darüber hinaus an, dass ausgehend von der Erhebung in den 1970er Jahren von einer Gesamtzahl von 15-25 Millionen in Umlauf befindlichen Schusswaffen ausgegangen wurde (siehe ebd.). Auf diese Angabe – also eine Schätzung der legal und (!) illegal in Deutschland besessenen Schusswaffen – bezog sich also der Small Arms Survey in seiner Studie. Und heute? Schätzungen zum illegalen Waffenbesitz in Deutschland gibt es derzeit keine, publiziert und zitiert wird allein jene offizielle Zahl von 5,5 Millionen legalen Schusswaffen.

Was dabei leider untergeht, ist die „Wachstumsrate“ des privaten Waffenbesitzes in Deutschland: Zwischen 1972 und 2012 scheinen 2,3 Millionen Waffen in die Statistik aufgenommen worden zu sein. Das sind pro Jahr rund 57.000 Waffen bzw. 156 Waffen pro Tag. – Das ist eine irritierende Vorstellung.

Deutlich wird damit vor allem auch, dass das nun umgesetzte Waffenregister weit davon entfernt ist, absolute Zahlen über die Verbreitung von Schusswaffen in Deutschland liefern zu können.

BBC berichtet über illegalen Waffenhandel nach Nigeria

In der Sendung „File on 4“ berichtet die BBC über Aktivitäten des britischen Waffenhändlers Gary Hyde. Im letzten Monat war er für illegalen Waffenexport von nach Nigeria zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden; es soll sich um zehntausende Kleinwaffen (u. a. AK47-Gewehre) und Dutzende Container Munition. Die BBC vermutet, dass die Waffen bereits außer Kontrolle sind, angesichts der großen Menge eine echte Gefahr, wenn sie tatsächlich auf dem Schwarzmarkt der Region gelandet sein sollten. Nun wurde aufgedeckt, dass die Behörden seit 2007 gegen Hyde ermittelten, dass er aber trotzdem Waffengeschäfte tätigen konnte – auch mit der britischen Polizei und dem Verteidigungsministerium. Kritik an der Vergabe von Waffenhandelslizenzen wird laut. In Frage gestellt wird auch das angeblich so strenge Waffenexportkontrollregime Großbritanniens. Die Sendung lässt sich hier nachhören und einen Hintergrundartikel gibt es ebenfalls.

Weltfriedenstag 2013: eine Friedensvision für die Zukunft?

Die Nachricht warf mich aus dem Gleis
Mir zittern noch vor Schreck die Knie
Soeben las ich Schwarz auf Weiß
Die Bombe fällt nie
Hat das nicht schlimme Konsequenzen?
Die Zukunft hatte bislang Grenzen
Doch wenn man wieder planen kann
Was fängt man mit der Zukunft an?

Diese Zeilen schrieb der Liedermacher Herman van Veen im Jahr 1984. Seit Weihnachten bzw. seit dem das neue Jahr begonnen hat, ist klar, der Weltuntergang ist schon wieder nicht passiert. Schade eigentlich, denn – wie schon die Zeit festgestellt hat, wäre es doch eine wirkliche Erleichterung gewesen nicht das Schicksal der FDP im Wahljahr 2013 miterleben zu müssen. Mit van Veen ist aber auch klar, dass das eigentliche Problem natürlich tiefer liegt. Denn im Raum steht eben nicht die Frage, wie die letzten Stunden gestaltet werden sollen (Stichwort: Weltuntergangs-Party), sondern wie die Menschheit mit ihrer gefühlt unendlichen Zukunft umgehen soll.

Gut also, dass es andere Weltuntergangs-Szenarien gibt, die immer noch Bestand haben, auch und nachdem die Maya-Prophezeiungen versagt haben. Der Klimawandel etwa, der ja schließlich immer noch bevor steht. Oder auch die Gefahren, die durch den Welt-Waffenhandel entstehen. Zur Erinnerung: Nach Berechnungen von Oxfam sollen pro Jahr zwischen 10 und 14 Milliarden Schuss Kleinwaffen-Munition produziert werden. Das sind ungefähr zwei Schuss pro Mensch absolut. Jedes Jahr. Vielleicht fällt die Bombe also irgendwann doch noch? In jedem Fall scheint es also angeraten, gut zu überlegen, was man mit dieser Zukunft angefangen werden soll. Und überhaupt: Ist der Jahresbeginn nicht ohnehin traditionell jenes Datum, an dem gute Vorsätze gemacht werden und somit Zukunft gestaltet wird?

Aus Sicht des DAKS gibt es eine ganze Reihe von Themen und Fragen, die einer Klärung bedürfen. Nicht nur im neuen Jahr, sondern grundsätzlich. Nicht zuletzt ist dies die Frage, wie ein Aktionsnetz gegen Kleinwaffen überhaupt agieren sollte. Geht es wirklich darum, in Fragen der Kleinwaffen-Problematik teils besser informiert zu sein als manche Politiker? Was nützt solche Information? Wem nützt sie? Wäre es nicht wichtiger, eine Vision zu entwickeln, wie eine andere Welt aussehen könnte? Bzw. Wege zu suchen, wie eine andere Welt möglich wird?

Wie immer an dieser Stelle ist dies der Moment, an dem die Positionen der christlichen Kirchen zum Thema Krieg und Frieden in den Blick geraten. Und ja, über Weihnachten und Neujahr gab es wieder einige Wortmeldungen zum Thema Krieg und Frieden aus christlicher Perspektive. Was bedeutet aber Frieden aus christlicher Perspektive?

Zunächst einmal ist die Feststellung wichtig, dass mit dem biblischen Frieden nichts grundsätzlich anderes gemeint ist als mit dem Diktum vom ewigen Frieden oder auch Weltfrieden. In den Worten der Deutschen Bischofskonferenz der Katholischen Kirche: „Wenn die biblischen Friedenstexte vom ‚ewigen Frieden‘ sprechen, denken sie […] an diese Welt.“ Und: „Oft wird ‚Friede Christi‘ (Kol 3,15) – dem Trend ins Private erliegend – auf den Frieden der Seele reduziert. Als Bischöfe sind wir verpflichtet darzulegen, was die biblische Rede vom Frieden wirklich meint und wie sie mit dem Ringen unserer Welt um Gerechtigkeit und Frieden unter den Völkern zu verbinden ist.“ (Vgl. das Bischofswort Gerechter Friede S. 12f.)

Dieses Diktum der Bischöfe gilt keineswegs nur in Deutschland, sondern in der Gesamtkirche. Der Katechismus der katholischen Kirche erhebt den Anspruch, dass der irdische Friede Abbild und Frucht des Friedens Christi sei (vgl. Katechismus der kath. Kirche. Ziff. 2305). Es ist klar, dass unter diesen Umständen Frieden weit mehr als einfach die Abwesenheit von Krieg sein muss. Das Problem ist nur, dass nicht so ganz einfach ist, eine tragfähige Definition dessen aufzustellen, was er im Einzelnen beinhaltet. In den Worten der Bischofskonferenz: „Was mit diesem Frieden gemeint ist und wie er sich zu dem von uns heute so ersehnten Frieden in der eigenen Lebenswelt und unter den Völkern verhält, bleibt dunkel.“

Das ist sicherlich ein Problem. Ambivalent wird die Position dadurch, dass die Kirche gleichzeitig sehr pragmatisch auf die Probleme der Friedenssicherung reagiert. Das beinhaltet insbesondere das unbedingte Recht auf Selbstverteidigung. Der Katechismus kommt dementsprechend zu der Schlussfolgerung, dass einer Regierung das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung nicht abgesprochen werden kann, solange die Gefahr von Krieg besteht (vgl. Katechismus Ziff. 2308 unter Verweis auf Ziff. 79,4 der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ des II. Vatikanischen Konzils). In anderen Worten: Die Drohung des Krieges soll nicht nur solange bestehen, bis Frieden als Abwesenheit von Krieg im Weltmaßstab verwirklicht ist, sondern noch darüber hinaus. Nämlich bis die Gefahr einer Rückkehr der Gewalt endgültig gebannt ist.

Die gleiche Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Vision und Realität findet sich dann auch in den Positionen der Kirche zum Thema Waffenhandel. Natürlich, so möchte man fast sagen, ist eine allgemeine, ausgewogene und kontrollierte Abrüstung das große Ziel. Die Anhäufung von Waffen zum Zweck der Abschreckung ist dagegen kein geeignetes Mittel um Frieden zu sichern. Eher im Gegenteil scheint ein Rüstungswettlauf geeignet, um die Ursachen für Kriege zu verschlimmern (vgl. Katechismus Ziff. 2315). Daneben wird aber auch ausgeführt, dass Staaten Waffen zur Verteidigung legitimierweise besitzen dürfen – weshalb sie auch legitim weitergegeben und entgegengenommen werden dürfen (vgl. Justitia et Pax: Der Internationale Waffenhandel. Kap.I Ziff. 9). Es geht der Kirche dementsprechend nicht darum, jede Form von Waffenhandel zu verurteilen, sondern lediglich missbräuchlichen Waffenhandel zu kritisieren.

In diesem vorgegebenen Rahmen bewegen sich auch die Äußerungen der verschiedenen kirchlichen Amtsträger an und um Weihnachten bzw. im Zusammenhang mit dem Weltfriedenstag, der traditionell am 1. Januar jeden Jahres gefeiert wird.

Papst Benedikt XVI. etwa sprach in seiner Predigt zum Weltfriedenstag den eingängigen Satz: „Der Mensch ist geschaffen für den Frieden, der ein Geschenk Gottes ist.“ Mit Frieden ist in diesem Zusammenhang aber nichts Abstraktes gemeint. Benedikt XVI. weist vielmehr darauf hin, dass sich die christliche Friedenshoffnung „in gewisser Weise mit dem Wunsch nach einem erfüllten, glücklichen und gut verwirklichten Leben“ deckt. – Nichts anderes meint der Katechismus, wenn er davon spricht, der Friede sei Abbild und Frucht des Friedens Christi. Und wenn der Papst gleichzeitig davor warnt, dass dieser Friede und „die Welt leider noch durch ‚Spannungen und Konfliktherde‘ […] bedroht ist“, dann ist damit nichts anderes konstatiert, als dass die Gefahr von Krieg noch immer real ist und dementsprechend ein Selbstverteidigungsrecht der Staaten noch immer besteht.

Ebenfalls zum 1. Januar 2013 brachte das Deutschlandradio die Schlagzeile „Weltfriedenstag: Zollitsch kritisiert Rüstungsexporte“. Vor dem Hintergrund der dargestellten Sachlage ist eine solche Zusammenfassung nicht mehr als ein Missverständnis. Und ein Blick auf die tatsächlichen Aussagen des Freiburger Bischofs zeigt, dass da tatsächlich das ein oder andere falsch verstanden wurde. Was ist geschehen: So wie jedes Jahr hat die Deutsche Bischofskonferenz auch 2012 eine „Arbeitshilfe“ zum Weltfriedenstag herausgegeben. Darin enthalten sind Beiträge verschiedener Autoren, die das Motto des Friedenstages aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Abgrundet wird das ganze mit „Liturgischen Anregungen“. Darin enthalten: ein Predigtbeispiel (in diesem Fall von Militärbischof Franz-Josef Overbeck), eine fertig ausgearbeitete Vorlage für eine „Gebetsstunde“ (mit allen Texten, Liedern und Gebeten, die einfach von Gemeinden übernommen werden können) und ein ausformuliertes „Friedensgebet“. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz hat Bischof Zollitsch für diese Arbeitshilfe ein Vorwort geschrieben. Darin fällt tatsächlich der vom Deutschlandradio zitierte Satz: „Es muss uns wachrütteln, wenn weltweit Rüstungsexporte ein florierendes Geschäft darstellen und die Ausgaben für Militär und paramilitärische Einheiten immens steigen.“ Die Behauptung, in dieser Formulierung sei eine Kritik an der (deutschen) Rüstungsexportpolitik enthalten, ist allerdings etwas weit hergehohlt. Der Kontext dieser Aussage macht mehr als deutlich, worum es Zollitsch eigentlich geht: Die Förderung einer friedlichen Welt sei als politisches Ziel weithin anerkannt, dieser (noch zu erringende) Weltfriede sei aktuell jedoch bedroht, denn es mangele „an vielen Orten an der notwendigen Umsetzungskraft“. Bischof Zollitsch fährt fort: „Insbesondere handfeste wirtschaftliche Interessen […] lassen immer wieder Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen entstehen.“ Es ist einleuchtend: Die Nachfrage nach Waffen und ein florierender Waffenhandel als solcher ist ein Indikator dafür, dass der Frieden teilweise in der Tat brüchig ist.

Bliebe der Bamberger Bischof Schick, der sich anlässlich des am 6. Januar gefeierten Afrikatages zu Wort gemeldet hat. Er weist darauf hin, dass die Handelsbeziehungen zwischen der westlichen Welt und den Staaten Afrikas einseitig geprägt seien und nicht den tatsächlichen Interessen Afrikas dienen würden. Bestes Beispiel hierfür sei der Export von Waffen nach Afrika. Auch diese Mahnung ist – obwohl sicherlich berechtigt – sehr konventionell und wenig innovativ. Kritisiert wird die konkrete Praxis des Waffenhandels, seine Auswüchse, die zur Anhäufung von Waffen führen, wodurch die Ursachen von Kriegen verschlimmert werden können. – Ganz im Sinn und im Stil der bereits zitierten Studie von Justitia et Pax über den internationalen Waffenhandel.

Um zur Ausgangsfrage zurückzukehren, wie könnte eine andere Welt aussehen? Wie wird eine andere Welt möglich? – Leider, so scheint es, sind die Einlassungen der kirchlichen Amtsträger nur sehr bedingt hilfreich, um diese Frage zu beantworten. Was fängt man mit der Zukunft an? Es scheint, als sei diese Frage noch offen. Was nützt Information über Rüstungsexport und Kleinwaffen, wenn sie nicht eingebettet ist in eine größere Friedensvision? Wozu ist sie gut? Und: Wem nützt sie?

Angesichts dieser Visionsmüdigkeit ist es fast zu bedauern, dass die Welt am 21. Dezember nicht doch untergegangen ist. Gerade auch die katholische Kirche scheint derzeit nicht fähig oder willens, die Möglichkeit einer anderen Welt auch nur zu denken, geschweige denn in Worte zu fassen und zu verkünden. Unter diesen Umständen, so scheint es weiter, hat die Welt wirklich keine anderen Probleme als das Schicksal der FDP im Wahljahr 2013. Klar ist dann aber auch, warum die Welt im Jahr 2012 ein so unfriedlicher Ort gewesen ist.

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