Die Verhandlungen über ein international einheitliches und verbindliches Abkommen über den Handel mit Waffen ist in eine entscheidende Phase getreten. Vom 11.-15.Juli trafen sich in New York die Teilnehmer des Vorbereitungsausschusses zum dritten Mal. Bereits im kommenden Jahr wird eine abschließende Konferenz stattfinden, in dessen Verlauf ein Vertrag verabschiedet werden soll. Vielleicht. – Über die Hintergründe und Details der Verhandlungen berichtet Robert Lindner (Oxfam Deutschland e.V.) in einem ausführlichen Bericht.
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1. Arms Trade Treaty: Kurz, bündig und unverbindlich?
von Robert Lindner (Oxfam Deutschland e.V.)
In der Juli-Sitzung des UN-Vorbereitungsausschusses (PrepCom 3) zu einem internationalen Abkommen zur Kontrolle des Waffenhandels (Arms Trade Treaty, ATT) vom 11. bis 15. Juli standen zunächst nur Umsetzungsfragen auf der Tagesordnung. Tatsächlich aber deckte die fünftägige Debatte in New York praktisch das gesamte Spektrum inhaltlicher und technischer Aspekte zum ATT ab.
Gesprächsgrundlage war ein neues Arbeitspapier des PrepCom-Vorsitzenden Roberto García Moritán zur Implementierung eines künftigen ATT. Dieses „Non-Paper“ ergänzte die bereits vorliegenden Dokumente zu Aufbau, Prinzipien, Regelungsumfang und Genehmigungskriterien. Darin spiegeln sich die Diskussionen der drei bisherigen PrepComs seit Juli 2010 über mögliche Elemente und Inhalte eines künftigen Kontrollabkommens.
Obwohl diese Dokumente ausdrücklich noch keinen Vertragsentwurf, sondern lediglich eine lose Stoffsammlung darstellen sollen, wurde zum Teil verbissen über einzelne Bestimmungen und Formulierungen gestritten. So gab das Treffen bereits einen Vorgeschmack auf die eigentlichen Verhandlungen, die im Juni oder Juli 2012 folgen werden.
Control-Arms-Kampagne mit neuem Schwung
Dass das Interesse an der dritten PrepCom groß war, ließ sich schon am zeitweise überfüllten Sitzungssaal erkennen – noch nie waren so viele Regierungsdelegationen und Teilnehmer von Nichtregierungsorganisationen bei ATT-Gesprächen versammelt.
Das neu gegründete „Control-Arms“-Sekretariat koordinierte die gemeinsame Lobbyarbeit der 140 NRO-Vertreter/innen und organisierte thematische Side-events. Die etablierten Organisationen wie Amnesty, IANSA und Oxfam wurden diesmal von einer Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten aus Albanien, Guatemala und Sri Lanka unterstützt, die selbst Opfer von Waffengewalt geworden sind und sich jetzt gegen Kleinwaffen engagieren. Sie bekamen auch Gelegenheit, sich mit eigenen Statements an die Delegierten zu wenden. Ferner hatte das „Legal Response Network“ Premiere – eine Initiative erfahrener Anwälte und Völkerrechtler, die NRO und Regierungen ehrenamtlich zu rechtlichen ATT-Problemen beraten.
Wichtige Ziele erreicht
Zum Schluss legte Botschafter Moritán ein überarbeitetes Non-Paper vor. Trotz mancher Mängel enthält es relativ hohe Standards zur Umsetzung eines ATT. Intensive Überzeugungsarbeit von NRO-Seite trug dazu bei, dass viele Regierungsdelegationen sich in ihren Stellungnahmen für vermehrte Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Genehmigung von Rüstungsexporten sowie für ein wirkungsvolles Vertragsregime einsetzten.
Weniger erwartete Unterstützung kam von Vertretern von Finanzinvestoren und Rüstungsindustrie, die sich in Erklärungen am Rand der Konferenz für einheitliche und restriktive ATT-Standards aussprachen.
Neue Konstellationen, problematische Positionen
Zum ersten Mal äußerten sich die fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder in einem gemeinsamen Statement zu zentralen ATT-Fragen. Darin unterstützten sie grundsätzlich den laufenden Prozess, forderten jedoch strikten Konsens bei der Beschlussfassung. Zudem solle das Abkommen möglichst einfach, kurz gefasst und leicht umsetzbar sein. Damit dürfte in erster Linie gemeint sein, dass ein ATT die nationale Souveränität möglichst wenig beeinträchtigen und den Staaten keine zu weitgehenden Vorschriften machen, sondern lediglich eine relativ unverbindliche Orientierungshilfe für die nationale Genehmigungspraxis darstellen sollte.
Transparenz oder Bürokratie?
Norwegens Forderung, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu einem Grundpfeiler des Abkommens zu machen, erhielt im Saal viel Zustimmung. Eine Reihe anderer Delegationen betonte jedoch, angesichts herrschender „Berichtsmüdigkeit“ sollten den Staaten möglichst wenig zusätzliche bürokratische Bürden auferlegt werden. Die EU sprach sich in diesem Zusammenhang für „schlanke“ Rüstungsexportberichte aus, und auch Deutschland plädierte dafür, die Berichtspflicht in einem „vernünftigen Rahmen“ zu halten. Wie mit einer Absenkung von Berichtstandards jedoch die für die Transferkontrolle unabdingbare Transparenz aufrecht erhalten werden soll, blieb dabei unklar. Problematisch war auch die Forderung mehrerer Staaten, ein Vertragssekretariat („International Support Unit“) möglichst klein zu gestalten und auf wenige Kompetenzen zu beschränken.
Gemeinsamkeiten und Sollbruchstellen
Der Mainstream scheint zu einem relativ umfassenden und restriktiven Kontrollabkommen zu tendieren – ein echter Konsens über zentrale Fragen eines künftigen ATT ist jedoch nicht in Sicht. Manche Staaten lehnen es kategorisch ab, bestimmte Rüstungsgüter (USA: Munition; Kanada: Jagd- und Sportwaffen; Iran, Kuba, Syrien, Vietnam: Rüstungstechnologie) zu kontrollieren. Umstritten ist auch, ob Staaten zur Kontrolle von Brokering-Aktivitäten außerhalb ihres Hoheitsgebiets verpflichtet werden sollen (Deutschland und Kanada sind dagegen). Ferner gibt es vereinzelt Widerstände, Transit und Transshipment kontrollpflichtig zu machen (u.a. USA). Gravierend ist schließlich die Weigerung einiger Staaten (u.a. Ägypten, Iran, Pakistan, Syrien), „subjektive“ Genehmigungskriterien wie Menschenrechte aufzunehmen, da sonst angeblich die Gefahr von „Politisierung“ und damit von Diskriminierung durch andere Staaten drohen würde.
USA schwer berechenbar
Die Vereinigten Staaten schwankten im Verlauf der Woche zwischen vorsichtiger Unterstützung und schroffer Ablehnung des ATT-Prozesses. Wie tief die Skepsis nach wie vor sitzt, verdeutlichte die Äußerung des US-Delegationsleiters, es gehe hier nicht um „idealistische Prinzipien“. Überhaupt sei ein ATT nicht geeignet, um Waffentransfers zu verhindern, die menschliches Leid verursachten, und das Abkommen könne nicht „die Welt zu einem besseren Ort machen“. Immerhin nahmen die USA am letzten Sitzungstag ihr Verdikt wieder ein Stück zurück, forderten jedoch, sich auf wenige konsensfähige Kernelemente zu beschränken. Es blieb unklar, was darunter genau zu verstehen sei, in jedem Fall solle aber (Kleinwaffen-)Munition aus dem Kontrollspektrum ausgeklammert werden.
Russland sprach sich gegen weitgehende internationale Vorschriften für nationale Kontrollen aus, forderte aber gemeinsame Anstrengungen, um die unerlaubte Weiterverbreitung konventioneller Waffen zu bekämpfen. China meldete sich diesmal auffallend selten zu Wort.
Verhandlungs-Countdown läuft
Botschafter Moritán kündigte für die folgenden Monate Konsultationen mit einzelnen Regierungen an. Zur letzten PrepCom (13.-17. Februar 2012) will er ein neues Arbeitspapier vorlegen, das die Verhandlungsgrundlage für die Konferenz im Sommer 2012 bilden soll. Im Februar soll ferner die wichtige Frage der Beschlussfassung (Konsens- oder Mehrheitsprinzip) und der Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen bei den Schlussverhandlungen festgelegt werden.
Im Anschluss an die UN-Konferenz entwickelten Aktivisten der Control-Arms-Koalition in einem Workshop Kampagnenideen bis nächstes Jahr. Denn so die Erkenntnis aus New York: Es wird noch bedeutender Druck der Zivilgesellschaft nötig sein, um einen drohenden „Arms Trade Treaty light“ zu verhindern.
Mehr Informationen im Internet:
„Arms Trade Treaty Monitor“ (Blog zu ATT-Prozess und PrepCom 1-3): http://attmonitor.posterous.com/
„Arms Trade Treaty legal blog“ (Zusammenfassung PrepCom 3): http://armstradetreaty.blogspot.com/
Kampagnenbündnis „Control Arms“: www.controlarms.org
„Mapping The Arms Trade Treaty“ (Visualisierung von ATT-Positionen): www.armstreaty.org
2. Aachener Friedenspreises 2011: Verleihung am 1. September
Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) mit Sitz in Tübingen und der Freiburger Friedensaktivist Jürgen Grässlin werden am Antikriegstag den diesjährigen Aachener Friedenspreis erhalten (vgl. DAKS-Newsletter 05/2011). Ort der Preisverleihung wird am frühen Abend (19.00 Uhr) die Aula Carolina sein. Die Laudatio hält Dr. Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte.
Jürgen Grässlin nennt in einer Presserklärung die Verleihung an seine Person auch ein „eindeutiges Signal gegen menschenverachtende Rüstungsexporte“ und freut sich über den Rückenwind für die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“.
Für die Informationsstelle Militarisierung wird Tobias Pflüger den Preis entgegennehmen. Mit Recht wird auf der Internetseite von IMI auf einen Artikel aus der „jungen welt“ hingewiesen, in dem der Laudator die diesjährigen PreisträgerInnen als „herausragende Rüstungsgegner“ bezeichnet.
Alle Informationen zum Aachener Friedenspreis 2011 finden sich auf der Internetseite www.aachener-friedenspreis.de
3. Deutsche Schnellfeuergewehre aus saudischer Produktion: Lizenzvergabe von Heckler & Koch an Saudi-Arabien
Im Kontext des geplanten Exports von Leopard 2-Panzern an Saudi-Arabien sind mittlerweile auch die unscheinbareren deutschen Kleinwaffen-Exporte in dieses Krisenland in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Unter dem wertenden Titel „Waffen für Öl – Deutsche Sturmgewehre sichern Macht der Despoten“ thematisierte das ARD-Politikmagazin Kontraste bereits am 17.03.2011 die Lieferung von Maschinenpistolen und Sturmgewehren von Heckler & Koch sowie die G36-Lizenzvergabe an Saudi-Arabien durch die Bundesregierung. Die Kritik am Bau der Produktionsstraße für G36-Sturmgewehre von Heckler & Koch in Saudi-Arabien war dann auch die Topmeldung in der SWR-Fernsehsendung „Landesschau Baden-Württemberg“ am 18.07.2011. Die schon nicht mehr ganz neue Nachricht sorgte dann wieder am 28.07.2011 in der Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg!“ auf SWR2 für Schlagzeilen. Und am 11.08.2011 schließlich berichtete das ARD-Magazin Kontraste erneut über die Angelegenheit – diesmal mit der traurigen Nachricht, dass die Produktionsanlage mittlerweile bereits ihren Betrieb aufgenommen habe und die Sturmgewehre aus saudischer Produktion bereits international beworben würden.
Die öffentliche Berichterstattung und Diskussion der Lizenzvergabe ist unbedingt zu begrüßen. Andererseits beweist sie jedoch vor allem die Hilflosigkeit der Medien im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung. Das Faktum der erteilten Lizenzvergabe ist seit über einem Jahr bekannt (vgl. DAKS-Newsletter 4/2010). Und angesichts der Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien sollten die (Kleinwaffen-)Exporte an die anderen Staaten der Arabischen Halbinsel natürlich nicht unerwähnt bleiben (vgl. DAKS-Newsletter 3/2011). Wenn erst jetzt über die entsprechenden Geschäfte berichtet wird, so ist dies natürlich reichlich spät. Und wenn heute nur noch über den Abschluss der entsprechenden Geschäfte berichtet werden kann, so liegt dies noch nicht einmal an einer verspäteten Berichterstattung durch die Bundesregierung. Noch einmal anders gestaltet sich die Sache jedoch, wenn man überlegt, welche Verantwortung die Verantwortlichen in den beteiligten Ministerien (neben dem Wirtschaftsministerium wurden natürlich auch das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium zu Rate gezogen) und die verantwortlichen Politiker gehabt haben. Und wie sie diese Verantwortung wahrgenommen haben.
Tut man dies, so ist die die Folge der ZDF-Kabarettsendung „Neues aus der Anstalt“ vom 22.02.2011 sehr erhellend. Darin wurde das Thema „deutscher Waffenexport nach Saudi-Arabien“ in allem Unernst ebenfalls besprochen und der Kabarettist Urban Priol wundert sich dabei, weshalb die verantwortlichen Politiker im Hinblick auf deutsche Rüstungsexporte grundsätzlich so schweigsam sind und ihre „Erfolge“ so wenig öffentlich kommunizieren. Er überlegt sich, woran das liegen könnte und kommt zu dem Schluss: „Stellen sie sich mal vor, ihre Tochter arbeitet im Puff. Ja? Da erzählen sie jetzt als Vater ja auch nicht jedem, warum sie so viel Geld haben. Ja? Nein, da schweigen sie diskret und in ihren ruhigeren Momenten denken sie: net schön für das Mädle, aber so ist das Leben und wenn Sie’s nicht machen, macht’s halt der Andere.“
4. Nach dem Massaker in Norwegen: Stimmen aus verschiedenen Ländern
Was lässt sich zu dem Massaker sagen, dass sich am 22.7.2011 auf der norwegischen Insel Utøya ereignete? Klar ist, dass der Täter eine immens große Zahl an Menschen ermordete und viele weitere verwundete, und klar ist auch, dass er dafür „lediglich“ Kleinwaffen benutzt hat. Und genau hier wird dieser Begriff zu einem Paradox: „klein“ heißt eben nicht „ungefährlich“ oder „weniger wichtig“. Im Folgenden drei Reaktionen aus Deutschland und der Schweiz.
Das Aktionsbündnis, das sich nach dem Amoklauf in Winnenden am 11. März 2009 gründete, drückt den Opfern und Familien in Norwegen seine Fassungslosigkeit und sein Mitgefühl aus. Mehr auf der Website der „Stiftung gegen Gewalt an Schulen“.
Auch die zum Antikriegstag neu erscheinende „Zeitung gegen den Krieg“ (ZgK) wird sich in einem Artikel mit der Überschrift „Das Massaker in Norwegen und die faschistische Ideologie“ mit diesem Thema befassen. (Die Auslieferung der Ausgabe begann erst nach Redaktionsschluss, am 26. August.)
Folgenden Leserbrief von Heinrich Frei (Zürich) vom 28. Juli 2011 geben wir in ganzer Länge wieder:
Massenmord in Oslo: Desensibilisierung gegen Gewalt durch Killergames
Der Massenmörder in Oslo hat Egoshooter als „Teil seines Trainings“ bezeichnet, “Call of Duty“ and „World of Warcraft“. Nicht zuletzt durch die Abstumpfung durch solche Killergames kann man Dutzende von jungen Menschen von Angesicht zu Angesicht „hinrichten“. Diese Games werden auch hier weiter verkauft, so gut wie Rüstungsgüter an Krieg führende Regime weiter verkitscht werden dürfen, an Staaten, die in Afghanistan, im Irak, in Pakistan, in Somalia, in Libyen und anderen Staaten Krieg führen. – Geschäft ist Geschäft.
Experten meinen jedoch, die Killergames, die der Norweger gespielt habe, seien nicht die Ursache seiner Gewalttaten gewesen. Dem kann man zustimmen. Jeder, der solche Taten begeht, wie dieser Mann in Oslo, war schon vorher gestört. Das gleiche gilt auch für Sexualstraftäter, die perverse Kinderpornos konsumieren. Auch da kann man sagen: Die Leute, die dann schlussendlich Kinder missbrauchen, sind schon vorher krank gewesen. Aber trotzdem hat man diese Kinderpornos verboten, was richtig ist, auch wenn sie vom Netz weiter heruntergeladen werden können. Ich bin auch für ein generelles Verbot von Killergames, für Jung und Alt, auch wenn dabei das lukrative Milliardengeschäft mit diesen Killergames versaut wird. Warum bin ich für ein Verbot? Killergames desensibilisieren auch normale Menschen, auch Erwachsene gegen Gewalt, stumpfen sie ab, auch wenn es nicht zu einer Katastrophe kommt.
Die Auswirkungen von Killerspielen hat Rudolf Hänsel in seinem Buch „Game over! – Wie Killerspiele unsere Kinder manipulieren“ dokumentiert. Er thematisiert die Spielsucht, die Abstumpfung und die Desensibilisierung gegen Gewaltdurch PC-Kriegsspiele. Die US-Killergames werden in vielen Fällen in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Armee und dem Geheimdienst der USA, der CIA, fabriziert, wie das auch bei Kriegsfilmen der Fall ist. Die Akzeptanz für den Kriegsdienst in den USA soll so gefördert und die Rekrutierung erleichtert werden. Das Videospiel „Doom“ (Schicksal, Verhängnis) verwendet das US Marine Corps in abgewandelter Version mit dem Namen „Marine Doom“, um Rekruten das Töten beizubringen.
Auch wenn nicht die simple Schlussfolgerung gezogen werden kann, „wer Killergames spielt, bringt Menschen um“, gab es doch immer wieder Fälle, wo junge Männer und sogar Kinder, die intensiv Killergames spielten, Menschen umgebracht haben.
– Am 27. November 2007 erschoss ein Soldat, der gerade aus der Rekrutenschule nach Hause kam, an der Bushaltestelle auf dem Hönggerberg in Zürich ein 16-jähriges Mädchen. Er spielte solche Games.
– Auch bei den Massakern in Schulen Finnlands, in Kauhajoki im September 2008 und in Tuusula 2007, spielten diese Jugendlichen vor ihrer Tat mit Killergames.
– Auch der 19-jährige Schüler Robert Steinhäuser, vor neun Jahren, spielte Killergames. Steinhäuser lief am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt Amok. Im amtlichen Untersuchungsbericht des Amoklaufes von Erfurt wurde festgehalten, dass bei der Durchsuchung des Zimmers des Attentäters Robert Steinhäuser in erheblichem Umfang blutrünstige, Gewalt darstellende Videofilme gefunden wurden. Darüber hinaus wurde eine Vielzahl von Computerspielen, darunter überwiegend so genannte Ego-Shooters, aufgefunden. Derartige Computerspiele haben die gezielte und sich ständig wiederholende Tötung zur Aufgabe (Seite 335 und 336 des amtlichen Untersuchungsberichtes).
– Eine andere Bluttat vor einigen Jahren in Großbritannien war offensichtlich auch von Computer Games inspiriert. Dort wurde der 14-jährige Stefan Parker durch den 14-jährigen Warren Le Bon ermordet, so, wie solche Hinrichtungen im Computergame „Manhunt“, das Warren Le Bon spielte, vollstreckt werden.
– Der 17-Jährige Tim K. aus Winnenden, der am 11. März 2009 15 Menschen erschoss, hatte noch am Abend vor der Tat am Computer das Killergame „Far Cry 2“ gespielt.
Trotz diesen furchtbaren Taten, dieser Konditionierung der Jugend und auch von Erwachsenen durch Brutalo-Gewaltgames, verharmlosen Experten weiter diese Spiele und wollen für Killergames nur Altersbeschränkungen, aber kein Verbot.
5. Was passiert eigentlich in – Libyen?
Die Informationslage ist verworren, wie es in Kriegen im Allgemeinen und in Bürgerkriegen im Besonderen üblich ist. Klar scheint derzeit nur, dass die Fraktion der so genannten „Rebellen“ dank NATO-Unterstützung weiter auf dem Vormarsch ist und in Tripolis der Häuserkampf begonnen hat. Wie viele „zivile“ Opfer diese Kämpfe fordern werden, bleibt abzuwarten – aber die Situation als solche verheißt nichts Gutes und ist Beweis dafür, dass das Eingreifen der NATO in toto gescheitert ist.
Die am 17. März 2011 verabschiedete Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrats verpflichtete die intervenierenden Staaten, eine Flugverbotszone einzurichten, um den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen. Gleichzeitig wurde das bereits mit der am 26. Februar erlassenen Resolution 1970 verhängte Waffenembargo gegen Libyen ausdrücklich bestätigt und die kriegführenden Parteien werden aufgefordert, umgehend einen Waffenstillstand zu schließen, um dadurch Raum für Verhandlungen zu schaffen und das Blutvergießen zu beenden. Über fünf Monate sind seitdem vergangen. Frankreich hat die Gaddafi-Gegner mit Waffen versorgt, Frankreich und Großbritannien haben Militärberater entsandt, um die Verbände der Aufständischen auszubilden. Der Vormarsch der Truppen des Übergangsrates wird von den westlichen NATO-Staaten mit Geheimdienst-Informationen und moderner Technik unterstützt. Gerüchte kursieren, dass die westlichen Militärberater nicht mehr nur Ausbildungshilfe leisten, sondern, in Gestalt der britischen Spezialeinheit SAS, aktiv ins Kampfgeschehen eingegriffen haben. Von einem Waffenstillstand ist keine Rede mehr, stattdessen geht es nun darum,Gaddafi gefangen zu nehmen. Ob er eine eventuelle Festnahme überleben wird, bleibt abzuwarten. Wie viele Menschen bei den noch folgenden Kämpfen sterben werden, ist ebenfalls offen.
Wenn Außenminister Westerwelle nun dafür kritisiert wird, dass er immer noch nicht bereit ist, die Rolle der NATO-Alliierten beim Sturz des Gaddafi-Regimes anzuerkennen, so geht diese Kritik vollkommen am Problem vorbei. Gewürdigt werden muss nämlich nicht die Rolle der NATO beim Sturz Gaddafis, thematisiert werden muss die Machtpolitik der westlichen Industriestaaten auf Kosten der libyschen Bevölkerung. Die NATO-Staaten haben es versäumt, als unbeteiligter Dritter zu agieren und einen Waffenstillstand zu erzwingen. Sie haben sich einseitig auf die Seite einer Kriegspartei gestellt und diese unterstützt. Mit allen Mitteln und auf Kosten des „Gegners“. Deutschland beteiligt sich an diesem Krieg auf Seiten seiner Alliierten. Es unterstützt die NATO-Stäbe bei der Auswahl von Angriffszielen. Es verspricht dem Übergangsrat wirtschaftliche Hilfe beim Wiederaufbau des Landes. – Und versucht auf diese Weise vergessen zu machen, dass es über Jahre hinweg das Gaddafi-Regime hofiert hat.
Libyen ist so zu einem weiteren Exempel geworden. Zu einem Beispiel, das illustriert, dass eine andere Politik notwendig ist. Diese sollte nicht grundsätzlich anders sein als die heute praktizierte. Auch sie darf nicht neutral sein. Auch sie muss interessengeleitet sein. Aber im Zentrum dieser anderen Politik muss tatsächlich der einzelne Mensch stehen, für den und für dessen Leben Partei zu ergreifen ist und dessen Interessen vertreten werden müssen.