Das „Schwarzbuch Waffenhandel“ sorgt für Furore. Wir haben den Autor, Jürgen Grässlin, um ein Interview gebeten. – Und hier kommt es!
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DAKS-Newsletter August 2013
Interview mit Jürgen Grässlin
„Angela Merkel entscheidet über Leben und Tod“
Herr Grässlin, im Mai 2013 ist Ihr „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient“ bei Heyne erschienen. Inwiefern steht dieses Werk in der Tradition Ihrer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit dem Thema Rüstungsexport?
Nach zehnjähriger Recherche und der Publikation vielzähliger Zeitungs- und Zeitschriftenartikel begann ich 1994 Bücher zum Thema Waffenhandel zu verfassen. Mein Anspruch war und ist bis heute, Licht ins Dunkel der legalen wie illegalen Machenschaften der deutschen Rüstungsindustrie zu bringen. Schwerpunkt meiner Arbeit bildete anfangs Deutschlands größter Kleinwaffenhersteller, die Oberndorfer Waffenschmiede Heckler & Koch (H&K). Später erweiterte ich meinen Fokus auf den Daimler-Konzern als führender deutscher Produzent und Exporteur von Großwaffensystemen.
Von meinem allerersten Werk „Den Tod bringen Waffen aus Deutschland“ bis hin zu „Versteck dich, wenn sie schießen“, standen die Opfer der Rüstungsexportpolitik im Mittelpunkt meiner Recherchen. Im „Versteck-dich“-Buch habe ich mit Samiira Jama Elmi aus Somaliland und Hayrettin Altun aus Türkisch-Kurdistan, zwei – von 220 befragten –Zeugen des tödlichen Einsatzen von H&K-Waffen eine Stimme gegeben.
Im Gegensatz dazu haben Sie aber das Leben zweier Topmanager schriftstellerisch beleuchtet.
Stimmt. Mit Jürgen E. Schrempp und Ferdinand Piëch biografierte ich zwei Topmanager. Danach verfasste ich mit dem „Daimler-Desaster“ eine weitere kritische Konzernreplik zum damals führenden deutschen Auto- und Rüstungsriesen. Als der Konzern die Publikation beeinflussen wollte, haben die Medien breit berichtet – und auch dieses Buch erklomm eine Spitzenposition in den Listen der Wirtschaftsbestseller.
Was ist im „Schwarzbuch Waffenhandel“ neu im Vergleich zu Ihren bisherigen Büchern?
In gewissem Sinne ist das „Schwarzbuch“ ein Höhepunkt meines bisherigen literarischen Schaffens. Diesmal beleuchte ich die dubiose Geschäftspolitik aller bedeutenden Rüstungskonzerne Deutschlands und damit einer skandalträchtigen Industriebranche insgesamt. Erneut gebe ich den Opfern der völlig enthemmten Rüstungsexportpolitik Deutschlands eine Stimme. Neu ist – und das hat noch kein Autor vor mir gewagt –, ich personifiziere: In zwanzig Täterprofilen, jeweils zehn aus der Politik und der Rüstungsindustrie, wird die Mitverantwortung für Waffengeschäfte führender Politiker und Rüstungsmanager an zahlreichen Exportskandalen aufgezeigt.
Der Begriff eines „Täterprofils“ mag manch einem als eine harte Formulierung erscheinen. Schließlich sind viele der darin Beschriebenen bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zumal Mitglied aller bisherigen Regierungsparteien.
Bekanntheit oder Parteimitgliedschaft schützen nicht im Mindesten vor verwerflichem Handeln. Im Gegenteil: Die Kanzler und Vizekanzler Kohl und Kinkel, Schröder und Fischer, Merkel und Rösler trugen bzw. tragen qua Amt und aktiver Tat massiv Mitschuld an den Folgen ihrer Entscheidungen. Gemeinsam mit den jeweils sieben weiteren im BSR, dem Bundessicherheitsrat, vertretenen Bundesministern entschieden bzw. entscheiden sie über besonders brisante Rüstungsexporte. In den allermeisten Fällen stimmten sie Rüstungsexporten selbst an menschenrechtsverletzende und kriegsführende Staaten zu.
Was de facto zur Folge hat?
… dass deutsche Rüstungsunternehmen ganz legal Sturmgewehre, Kampfpanzer, Militärhelikopter oder atomwaffenfähige U-Boote an Militärs in Krisen- und Kriegsgebiete ausführen – und diese leidlich nutzen. In der Folge konnten beispielsweise im Libyen-Krieg alle drei Konfliktparteien Kriegswaffen aus Deutschland einsetzen: das Regime Gaddafi, die Rebellen und die NATO. Schlimmer können Mitverantwortung und auch Schuld deutscher Regierungspolitik und deren Behörden nicht definiert werden. Die Mitglieder des BSR und allen voran die Kanzler leisten mit ihren Exportgenehmigungen, beispielsweise an die Repressoren des „arabischen Frühlings“, Beihilfe zu Mord – im Falle von Genehmigungen für Gewehre und weitere Kleinwaffen Beihilfe zu Massenmord. In diesem Sinne ist „Täterprofil“ eine durchaus zutreffende Bezeichnung.
Nochmals nachgefragt: Demnach wäre Ihrer Meinung nach Frau Merkel mitschuldig an Massenmord mit deutschen Waffen, der irgendwo auf dem Globus passiert?
Ja, für den Fall, dass dieser Waffenexport in Ihrer Amtszeit mit ihrer Zustimmung im BSR an ein menschenrechtsverletzendes oder kriegsführendes Regime erfolgt ist. Als Vorsitzende des Bundessicherheitsrats entscheidet Angela Merkel über Fragen von Leben und Tod, wie ich im Täterprofil „Marketenderin der Todeswaffen“ aufzeige. Und noch etwas: Bei ihren Kanzlerreisen trat sie wiederholt als eine Art Lobbyistin der deutschen Rüstungsindustrie auf, oft genug wird sie sogar von Vorständen oder Vorsitzenden der Rüstungskonzerne begleitet.
Aber macht es nicht einen Unterschied, ob Waffen exportiert werden oder ob sie tatsächlich bei kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt werden?
Nein, das macht keinen Unterschied. Die Behauptung, die Zustimmung zu Waffenexport und die Ausfuhr der Kriegswaffen seien harmloser als deren Einsatz, trifft nicht zu. Auch die beiden christlichen Kirchen stimmen dieser Analyse zu. Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) hat bereits in ihrem Rüstungsexportbericht 2010 unmissverständlich formuliert: „Die GKKE geht von der ethischen Position aus, dass der Transfer von Mitteln der Gewalt prinzipiell nach den gleichen Kriterien zu beurteilen ist wie die Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Wer den Schlächtern auf den Schlachtfeldern die Waffen an die Hand liefert, macht sich gleichermaßen mitschuldig an Mord oder Massenmord.
Bliebe noch das Argument der Gegenseite: Wenn wir nicht liefern, dann liefern die anderen.
Auch das ist eine der vielen Lügen der Rüstungsindustrie. Ein Beispiel unter vielen: Nachdem das niederländische Parlament vor wenigen Monaten den Export ausgemusterter LEOPARD-Kampfpanzer aufgrund der Sicherheits- und Menschenrechtslage an Indonesien untersagt hat, wird nun Deutschland einspringen. Mit Zustimmung der hiesigen Ausfuhrbehörden sollen jetzt deutsche Kampfpanzer an die Militärs in Djakarta ausgeliefert werden. In Wirklichkeit ist die Sachlage doch ganz anders: Wenn die anderen nicht liefern, liefern wir. Das erklärt auch den Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland zur Rüstungsexportnation Nummer 3 in aller Welt.
Fürchten Sie angesichts der klaren Angriffslinie keine juristischen Schritte der Gegenseite?
Inwiefern? Ich bin der Demokrat, ich stehe mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes und der Ausführungsgesetze, die Rüstungsexporte vielfach begrenzen oder gänzlich verbieten. Ich scheue keinen juristischen Disput und auch keine verbale Diskussion. Bereits 2009 hat mir der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bei der Auseinandersetzung mit dem Ex-Daimler und DASA-Chef Jürgen E. Schrempp in Sachen Meinungs- und Pressefreiheit vollumfänglich Recht gegeben. Jetzt warte ich auf die Einladungen der hohen Herren der Rüstungsindustrie für Podiumsdiskussionen, bei denen sie ihre völlig verfehlten und längst überholten Behauptungen von der Arbeitsplatzsicherung u.v.a.m. endlich öffentlich zur Diskussion stellen – anstatt hinter den Kulissen massiv Lobbypolitik zu betreiben.
Sie haben bundesweit inzwischen mehr als 20 Buchlesungen hinter sich, weitere rund 40 stehen noch an. Wie sehen Ihre Erfahrungen aus?
Was mich immer wieder positiv überrascht, ist die Tatsache, auf welch hohem Niveau die erfreulich zahlreichen Teilnehmer diskutieren. Hier merkt man, dass die Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“ viel bewirkt hat: Die Menschen sind bundesweit weitaus besser informiert als in früheren Jahren. Das ist auch ein Grund dafür, dass sich in einer repräsentativen Umfrage im Herbst 2011 beachtliche 78 Prozent der Befragten für einen völligen Stopp des Waffenhandels in Deutschland ausgesprochen haben.
Und noch eine Erfahrung habe ich gemacht: Ältere Zuhörer sind oftmals entsetzt. Sie hatten sich nach den schrecklichen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs, der massiven Schuld Deutschlands und dem folgenden Waffenproduktionsverbot nicht vorstellen können, dass von deutschem Boden wieder Krieg und Kriegsbeteiligung ausgehen würden. Doch mit dem weltweiten Waffenhandel ist der Tod wieder ein Meister aus Deutschland.
Zum Schluss noch eine Frage zu Ihrer Strafanzeige gegen Heckler & Koch wegen des Verdachts illegalen Waffenhandels mit Mexiko. Was ist bei den Ermittlungen gegen Heckler & Koch als nächstes zu erwarten?
Seit der Strafanzeige vom 19. April 2010 ist viel passiert: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und das Zollkriminalamt Köln führten seither Ermittlungen und zwei Hausdurchsuchungen bei H&K durch. Sie verfügen unter anderem über die Reisedokumente und Abrechungen von Mitarbeitern eben auch in Unruheprovinzen. Dorthin hätten die G36-Gewehre keinesfalls gelangen dürfen. Der vormalige H&K-Geschäftsführer Peter Beyerle, damals zuständig für die Rechtsgeschäfte und auch maßgeblich verantwortlich für die Gewehrlieferungen an Mexiko, trat zurück.
Drei Jahre lang hat die Firma den Skandal definitiv illegaler G36-Exporte nach Chiapas, Chihuahua, Jalisco und Guerrero geleugnet, meinen Informanten und mich diskreditiert. Doch mit dem unumgänglichen Eingeständnis illegalen Handels – immerhin sind nachweislich rund die Hälfte der mehr als 9000 gelieferten H&K-Sturmgewehre in verbotene Provinzen gelangt – kommen wir nunmehr in die heiße Phase.
Was konkret bedeutet?
Im Mai 2013 – mehr als drei Jahre nach Anzeigeerstattung – hat die Firma zwei Mitarbeitern die Schuld für die illegalen Waffenlieferungen mit Mexiko in die Schuhe geschoben und ihre fristlose Entlassung verfügt. Dass es sich zumindest bei der freigestellten Sachbearbeiterin um ein Bauernopfer handelt, scheint offensichtlich. Kein Wunder also, dass das Arbeitsgericht Villingen in einer öffentlichen Verhandlung am 23. Oktober 2013 über den Rausschmiss der beiden Ex-Mitarbeiter verhandeln wird, die Beschuldigten wehren sich.
Mein Rechtsanwalt, der Tübinger Rüstungsexportexperte Holger Rothbauer, geht davon aus, dass Anfang 2014, wohl in Stuttgart oder Rottweil, Anklage gegen H&K erhoben wird. Dann allerdings sollten nicht Bauernopfer auf der Anklagebank sitzen sondern die maßgeblich Verantwortlichen des widerrechtlichen Waffenhandels mit Mexiko. Die Spur führt bis an die Spitze von Heckler & Koch.
Das Interview führte Fabian Sieber.
Kommende Lesungen zum „Schwarzbuch Waffenhandel“
Bereits nach drei Monaten liegt die zweite Auflage von „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient“ von Jürgen Grässlin vor. Bundesweit sind bereits jetzt 58 Buchlesungen vereinbart. Hier finden die nächsten Lesungen finden statt:
2013 in Berlin, Hamburg, Oldenburg, Bremen, Karlsruhe, Aachen, Stuttgart, Kirchheim/N., Wörth, Freiburg, Wismar, Schwerin, Neustadt/Schw., Heidelberg, Müllheim, Nürnberg, Ingolstadt, München, Kirchheim/T., Horb, Bensheim und Aalen
2014 in Ravensburg, Schwäbisch Gmünd, Bad Tölz, Holzkirchen, Rottenburg, Lüdenscheid, Freiburg, Recklinghausen, Konstanz und Ettenheim.
Die Gesamtübersicht aller Buchlesungen mit den genauen Angaben siehe www.juergengraesslin.com > Termine.
Heyne Verlag, München, Originalausgabe. Taschenbuch, Broschur, 624 Seiten, ISBN: 978-3-453-60237-3; 14,99 Euro
eBook, ISBN: 978-3-641-07421-0; 11,99 Euro, empfohlener Verkaufspreis Format: epub
Jürgen Grässlin ist Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD), Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.) und der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“. Er ist Autor zahlreicher kritischer Sachbücher über Rüstungsexporte sowie Militär- und Wirtschaftspolitik, darunter internationale Bestseller. Zuletzt verfasste er das „Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland am Krieg verdient“ (Heyne-Verlag, München, 2013). Grässlin wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem „Aachener Friedenspreis“.
Heckler & Koch: Bilanziell überschuldet
Heckler & Koch ist verschuldet. Diese Nachricht ist an sich nichts Neues. Seit 2010 wird es im DAKS-Newsletter immer wieder behauptet (vgl. DAKS-Newsletter 07/2010). Im Jahr 2012 verkündete es auch die Zeit, und wie die Welt berichtet, ist das Rüstungsunternehmen nun ganz offiziell „bilanziell überschuldet“.
Was ist geschehen? Die Hochzins-Unternehmensanleihe in Höhe von 295 Millionen Euro (WKN A1KQ5P), die der Kleinwaffenhersteller am offenen Kapitalmarkt platziert hat, fängt an zu drücken. Die Heckler & Koch Beteiligungsgesellschaft ist mittlerweile mit 119 Millionen Euro überschuldet und die Heckler & Koch GmbH selbst verfügt über ein negatives Eigenkapital von 7,2 Millionen Euro. Wie erwähnt, sind die Schwierigkeiten als solche seit langem bekannt. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s bewerten die Zahlungsfähigkeit von HK seit etwa 3 Jahren zunehmend skeptisch. Bereits 2010 wurde die Unternehmenssituation mit dem Kürzel CCC+ umschrieben. Soll heißen: Ein Zahlungsausfall sei aus Sicht von Standard & Poor’s nur im Fall einer weiteren günstigen Unternehmensentwicklung abwendbar. Anfang 2012 senkte auch Moody’s seine Erwartungen, in diesem Fall auf das Rating „Caa2“. Standard & Poor’s wiederum senkte seine Erwartungen Ende 2012 nochmals auf das Rating „CCC“ ab. In einer Summary begründete die Agentur ihren Schritt u. a. mit den finanziellen Risiken, die sie als hoch verschuldet („highly leveraged“) umschrieben.
Ende 2012 war Heckler & Koch damit beschäftigt, eine „Fortführungsprognose“ zu erstellen. Nötig war dieser Schritt, weil § 19 der Insolvenzordnung einerseits erklärt, dass aus einer bilanziellen Überschuldung die Notwendigkeit eines Insolvenzantrags erfolgt, andererseits die Möglichkeit in den Raum stellt (vgl. §19 Abs. 2 Satz 1), das Unternehmen einfach fortzuführen, wenn die „Fortführung des Unternehmens […] nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“ ist. – Es ist nicht bekannt, welche Wirtschaftsprüfer HK mit der Erstellung der Fortführungsprognose betraut hat. Sicherlich ist jedoch die These erlaubt, dass weder Moody’s noch Standard & Poor’s dabei eine Rolle gespielt haben.
Jenseits der Frage der Refinanzierung erwachsen für HK neue Probleme, könnte sich das Unternehmen in eine juristische Grauzone begeben. Fortführungsprognose hin oder her, §84 GmbHG bzw. jetzt auch §15a der Insolvenzordnung gilt weiter. Sprich, Insolvenzverschleppung ist eine Straftat, die mit einem Freiheitsentzug von bis zu 3 Jahren (oder einer Geldstrafe) geahndet wird. – Aber so weit scheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zu sein.
Im Gegenteil: In einer Presseerklärung hat Heckler & Koch alle Spekulationen über seine Liquidität als gegenstandslos bezeichnet. Interessant ist die Erklärung nicht so sehr wegen dieses Statements, sondern wegen der aktuellen Geschäftszahlen, die im weiteren Verlauf veröffentlicht werden. HK erzielte demnach im Jahr 2012 einen Gesamtumsatz von 235 Millionen Euro. Daraus ergab sich ein Gewinn vor Steuern (PBT) von 9 Millionen Euro. Wie das Unternehmen weiter ausführt, ist die Unternehmensgruppe derzeit „ausschließlich finanziert durch die Unternehmensanleihe in Höhe von € 295 Mio mit einer Laufzeit bis 2018. Die Nettoverschuldung liegt bei ca. € 270 Mio.“
Nein, mit Insolvenzverschleppung hat das alles nichts zu tun. Gleichwohl bleibt es das Geheimnis des Unternehmens, wie der angehäufte Schuldenberg – nach Möglichkeit bis 2018, wenn die erwähnte Anleihe ausläuft und zurückgezahlt werden muss – mittelfristig abgebaut werden kann.
Schweiz: Abschaffung der Wehrpflicht in Sicht?
Nicht nur die Staaten der Europäischen Union, auch die Schweiz überlegt, wie die Armee der Zukunft aussehen soll. In der Eidgenossenschaft firmiert dieses Thema unter dem Stichwort „Weiterentwicklung der Armee“ und wie in den Mitgliedsstaaten der EU ist auch dort die inhaltliche Ausgestaltung umstritten. Bereits im April 2013 veröffentlichte der Stab A der Schweizer Armee eine Standortbestimmung, in der er die bis dahin verhandelten Eckpunkte zusammenstellte, nach denen in den Jahren 2016 bis 2020 die Transformation der Armee betrieben werden soll. Den allgemeinen Trend dokumentieren dabei die kolportierten Kennzahlen:
bisher | ab 2016/2020 | |
Sollstärke | 200.000 | 100.000 |
Etat | 4,4 Milliarden CHF | 5 Milliarden CHF |
Dauer der Dienstpflicht | 260 Tage | 225 Tage |
Auch die Schweizer Armee soll also schrumpfen und sparen. Diesen Trend dokumentieren auch die veröffentlichten Zahlen über die geplante Ausrüstung der Armee mit Großkampf-Waffensystemen:
bisher | ab 2016/2020 | |
Kampfpanzer | 191 | 98 |
mobile Artillerie-Systeme | 138 | 64 |
Kampfflugzeuge | 87 | 55 |
Auch die Schweizer Armee soll also schrumpfen und sparen. Diesen Trend dokumentieren auch die veröffentlichten Zahlen über die geplante Ausrüstung der Armee mit Großkampf-Waffensystemen:
Auch in der so verkleinerten Armee wird eine vollständige Ausrüstung aller Armee-Einheiten mit den vorgesehenen Waffensystemen jedoch nicht möglich sein. So kündigte es zumindest der Schweizer Bundespräsident Ueli Maurer im Mai 2013 in einer Präsentation an. Auf die Planung der Armee-Reform soll deshalb eine Verzichtsplanung folgen.
Bei all diesen Turbulenzen will die Schweiz jedoch grundsätzlich am Milizsystem, als der grundsätzlichen Organisationsweise der Armee, festgehalten. Eine gegenteilige Planung, die z.B. die Schaffung einer reinen Berufsarmee vorsähe, wäre im übrigen ausgeschlossen, da Art.58 der Schweizer Bundesverfassung dieses Organisationsprinzip festschreibt.
Diese Planungen, so vorläufig sie sind, stoßen auf erheblichen gesellschaftlichen Widerstand. Und das sowohl aus Kreisen der Friedensbewegung als auch aus Kreisen, die stärker an der Schärfung des militärischen „Fähigkeitsprofils“ der Armee interessiert sind. So stellt eine „Gruppe Giardino“ in einem von ihr veröffentlichten Manifest fest, dass „die Schweiz seit der Einführung der Armee XXI über keine funktionierende Verteidigungsarmee mehr verfügt. Wohl sind einzelne Module durchaus fähig, eine militärische Leistung zu erbringen (z.B. Schutzinfanterie). Die Armee als Ganzes ist heute jedoch nicht einsatzfähig oder rasch mobilisierbar.“ (Hervorhebungen im Original) In Konsequenz sieht die Gruppe die Bundesverfassung in Gestalt des erwähnten Art.58 als verletzt an und fordert eine rasche Reform der Reform.
Ganz anders argumentiert die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA): Sie hat 107.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt, das die Abschaffung der Wehrpflicht vorsieht. Am 15. August 2013 wurden die Unterschriften eingereicht, am 22. September 2013 wird abgestimmt. Der Ausgang der Wahl ist natürlich noch offen, sollte die Initative jedoch angenommen werden, dann ist der weitere Weg der Schweizer Milizarmee in gewisser Weise vorgezeichnet: Die Planungen zur Armee-Reform würden davon nicht betroffen werden, da am Miliz-Prinzip ja festgehalten werden könnte. Allerdings würde die Armee dann zu einer reinen Freiwilligen Armee werden. Die Verteidigungsbereitschaft muss unter solchen Bedingungen nicht notwendig leiden. Im Gegenteil, allen engagierten Militaristen würde dann offen stehen, sich ernsthaft einzubringen – und sich freiwillig zu melden.