DAKS-Newsletter Oktober 2013 ist erschienen!

Den Opfern ein Gesicht geben – dies ist keine leicht Aufgabe. Andererseits werden so viele Kleinwaffen aus Deutschland exportiert, dass wir die Herausforderung annehmen und es einmal versuchen wollen. In diesem Monat macht Spanien den Anfang. Welche Folgen entstehen aus der Lizenzproduktion in diesem EU-Nachbarland von denen die Bundesregierung nichts weiß, weil sie nicht gefragt werden muss? André Maertens versucht in einem Hintergrundartikel Licht ins Dunkel zu bringen.

Weitere Themen: Small Arms Survey und SIPRI haben ihre „Jahrbücher“ für Jahr 2013 veröffentlicht; der Small Arms Survey hat außerdem eine Studie über die Verbreitung belgischer Kleinwaffen in Libyen vorgelegt; und die Informationsstelle Militarisierung (IMI) informiert über ein mögliches mexikanisch-deutsches Polizeiabkommen.

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DAKS-Newsletter Oktober 2013

Small Arms Survey 2013 und SIPRI-Jahrbuch 2013

Der diesjährige „Small Arms Survey“ (SAS) des Graduate Institute in Genf trägt den Titel „Everyday Dangers“ und befasst sich mit Kleinwaffengewalt außerhalb von Kriegsgebieten, dementsprechend mit organisiertem Verbrechen und Gewalt von Gangs, aber auch mit häuslicher Gewalt und Konflikten um Landbesitz. Themenländer sind etwa Italien, Libanon, Mexiko, Nicaragua, Pakistan, die Philippinen, Somalia und Südafrika. Was den Export kleiner und leichter Waffen betrifft, so steht Deutschland laut dieser Studie nach den USA auf Platz 2 weltweit, noch vor Italien, Brasilien und der Schweiz. Deutschland importiere aber auch viele Kleinwaffen, bei der Einfuhr steht es nach SAS-Angaben auf Platz 4. Auf einer Liste der Länder, die am wenigsten Transparenz beim Waffenhandel praktizieren, sieht der Small Arms Survey zwei Länder ganz oben, die von Deutschland immer wieder skrupellos beliefert werden: Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Im ebenfalls erschienenen „SIPRI Yearbook 2013“ findet sich leider sehr wenig zur Kleinwaffenproblematik. Der Fokus liegt auf Großwaffen. Immerhin das: In einem Unterkapitel befasst sich Lina Grip mit der Thematik „Small Arms Control in Africa“. SIPRI bietet von diesem Text online ein kurzes Sample an.

Der „BICC Annual Report 2013“ steht noch aus. Das Bonn International Center for Conversion betreibt eine intensive Medienarbeit, ein Beispiel ist der WDR-Beitrag vom 4. September, der sich unter dem Titel „Ägypten: Halbherziges EU-Waffenembargo“ mit den Lieferungen von deutschem Kriegsmaterial und Dual-Use-Gütern befasst. Die Autorin Gudrun Kirfel zeigt auf, dass die EU das Embargo als „Auslegungssache“ ansieht: Catherine Ashton sagt in einer Pressekonferenz äußert gegenüber Journalisten skandalöserweise, dass jeder Staat die Handelssperre selbst auslegen müsse. Ein noch erschreckendere Vorstellung liefert Guido Westerwelle ab, der mit seinen Aussagen den Anschein aufkommen lässt, dass Deutschland und andere europäische Länder niemals an menschenrechtsverletzende Staaten oder in Krisenregionen Waffen verkaufen würden.

Marc von Boemcken (BICC) spricht im Interview darüber, dass die deutschen Firmen versuchen, sich außereuropäische Märkte zu erschließen – der Nahe und Mittlere Osten würde sich hier anbieten. Das Beispiel Ägypten zeige, dass Deutschland dem Anspruch, keine Waffen in Regionen zu liefern, in denen Menschenrechtsbrüche begangen werden, nicht gerecht geworden sei. (Zusammen mit der „Merkel-Doktrin“, nach der Rüstungsexporte als Friedenspolitik zu sehen sind, wird hier eine langjährige, seit Rot-Grün noch einmal verschlimmerte Praxis von Kriegsmaterialexporten fortgesetzt.)

Kirfels Schlusssatz weist in die – wohl blutige – Zukunft: „Ob so ein halbherziges Embargo zu Frieden am Nil führt, bleibt fraglich. Zumal Saudi-Arabien schon erklärt hat, künftig in Ägypten einzuspringen. Und Saudi-Arabien bekommt einen Großteil seiner Waffen aus Deutschland.“

IMI: Deutsch-mexikanisches Polizeiabkommen droht

Korruption, Folter und Gewalt gegen ZivilistInnen, so sieht der Alltag in vielen Bereichen Mexikos aus. Doch diese Gewalt kommt nicht immer von Kriminellen, sondern auch von kriminellen Polizisten. Das beschreibt Peter Clausing in seinem Text „Polizeizusammenarbeit mit Mexiko: Folter weiterhin egal!“ (IMI-Standpunkt 2013/050) vom 16. September 2013. Er weist darauf hin, dass ein deutsch-mexikanisches Polizeiabkommen durch die organisierten Menschenrechtsverletzungen und die verbrecherische Struktur der mexikanischen Sicherheitskräfte wohl nicht verhindert wird. Wieso darf das sein?

Die mexikanischen Militärs verfügen durch Importe über deutsche Kriegswaffen – auch von Heckler & Koch. Ebenso wird ein G36-ähnliches Gewehr, das FX-05, dort gebaut. Die Bundesregierung beweist damit, wie schon im Fall Saudi-Arabiens, dass ihr die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit nur dann wichtig sind, wenn es um Werbung für die eigene Politik geht. Ansonsten braucht man so etwas nicht. Bezeichnend! Und beschämend auch für die Polizei hierzulande, von der man dann Beamte erwarten darf, die bei Folter weggesehen haben und wohl auch in der Zukunft wegsehen werden (oder mitmachen?). Bei AsylbewerberInnen, Behinderten, politisch links Stehenden … Warum nur hat man nach dem Nationalsozialismus die Würde des Menschen so hoch angesetzt? Resultat muss sein: Kein Polizeiabkommen mit Mexiko!

Guter Text dazu: ein taz-Bericht von Wolf-Dieter Vogel über die kriminellen Aktivitäten der mexikanischen „Sicherheitsbehörden“ und den Einsatz von HK-Waffen.

Terroranschlag in Kenia: Waffen-Proliferation befürchtet

Bei der Berichterstattung über die mehrere Tage dauernde Schießerei in einem Einkaufszentrum in Nairobi fällt auf: Neben FN FAL-Gewehren, M16, AK-Modellen und MP5-Maschinenpistolen kommt das G3 zum Einsatz. Aber auch eine modernere Waffe wie das belgische SCAR-Gewehr ist zu sehen.

Nun zitiert der britische Guardian Zeugen des Anschlags, die berichteten, dass die Angreifer G3-Gewehre benutzt hätten. Diese lassen sich zwar leicht mit dem belgischen FN FAL-Gewehr verwechseln, doch die bekannte Tatsache, dass immer wieder Waffen aus Beständen der kenianischen Sicherheitskräfte auf den Schwarzmarkt gelangen würden, lässt eine Verwendung von G3-Gewehren durch die Terroristen als möglich erscheinen. Auch die Morde durch kenianische Polizei, auf die von Menschenrechtsorganisationen immer wieder hingewiesen wird, zeigen, dass die Waffen des Staates nicht immer zu moralisch integren Zwecken eingesetzt werden. Dazu kommt noch, dass Kenia Truppen ins Ausland schickt (hier Bilder von Waffenfanatikern, etwa auf der Mitte der Seite). Damit besteht die Gefahr, dass weitere Waffen, darunter auch HK-Schusswaffen, proliferiert werden – in die Hände von islamistischen Milizen in Somalia oder weiter.

Small Arms Survey: Studie zu belgischen Gewehren im Libyen-Konflikt

Vor kurzem veröffentlichte der Small Arms Survey (SAS) eine Studie über den Einsatz von Gewehren des Typs FN FAL in Libyen (Titel: „FAL Rifles in Libya: A Guide to Data Gathering“). Dieser aus Belgien stammende Gewehrtyp wurde, so der Autor Damien Spleeters, im Konflikt 2011 nach Kalaschnikow-Modellen am meisten gesichtet. Die meisten der beobachteten Waffen seien auch belgischen Ursprungs, untersucht wurden die Fabrikmarkierungen, die Seriennummern und die technischen Charakteristika. Und wie immer wird auch klar, dass exportierte Rüstungsgüter eben nicht an ihrem eigentlichen Bestimmungsort bleiben, sondern weitertransportiert, verkauft und verschenkt werden. So sind laut der SAS-Studie die FN FAL-Gewehre aufs Neue in andere Länder „weitergewandert“ (worden, müsste man eigentlich sagen), etwa nach Algerien, Libanon, Niger, Syrien und Tunesien. Weitere Infos zur Thematik gibt es beim Projekt „Security Assessment in North Africa“ unter www.smallarmssurvey.org/sana

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die „Research Note 33“ des Small Arms Survey, die auf einem Forschungsprojekt von SAS und GRIP (Belgien) beruht. Untersucht wurden die Kontrollmechanismen für Kleinwaffen in ca. 50 afrikanischen Staaten, mit dem Resultat, dass in der staatlichen Kleinwaffenberichterstattung meist bedeutende Lücken klaffen.

Die Opfer von G36-Schützen: Informationssuche

Seit den ersten Lizenzvergaben und Direktexporten des G36-Schnellfeuergewehrs und seiner Varianten sind rund 15 Jahre vergangen. Neben all den Diskussionen um die technischen Zweifel an diesem Gewehr, „Streukreise“ und Ergänzungswaffen zum G36 und neben der Skepsis gegenüber der Hysterie, mit der die Firma Heckler & Koch eine „Kampagne“ gegen sich laufen sieht, muss man überlegen: Wie hoch sind die Opferzahlen und wo wurden mit dem G36 Menschen getötet oder verletzt?

Verschiedene Armeen haben diese Waffe in ihren Arsenalen und darunter befinden sich einige Staaten, die Krieg oder bewaffnete Konflikte in einem größeren Umfang führen, etwa die Bundeswehr. Hier ist auch die größte Zahl an G36 vorhanden, etwa 180.000. Obwohl dies quasi die eigene Armee ist, besteht trotzdem ein Informationsmangel, da die Bundesregierung und auch die Bundeswehr (besonders das grundgesetzwidrige Kommando Spezialkräfte, Berlins unkontrollierte Sonderstaffel) kaum ein Interesse daran haben werden, Opferzahlen oder -namen öffentlich zu machen. Und wenn selbst die achso friedensliebende Opposition (siehe Hans-Christian Ströbele in dem Bericht von Report Mainz im September 2013) nur daran interessiert ist, ob deutsche Soldaten mit ihren Gewehren gut schießen, anstatt gegen deren Einsatz zu protestieren – was soll man da noch erwarten? Das Wissensdefizit über die G36-Toten der Bundeswehr bleibt bislang bestehen. Korpsgeist herrscht. Braucht es erst einen Whistleblower?

Wie schon beim G3-Schnellfeuergewehr kommen leider auch die G36 in unterschiedlichen Regionen der Welt zum Einsatz. Durch einen einfachen Blick in die Wikipedia kann man sich ein Bild davon machen, wer diese Oberndorfer „Entwicklung“ einsetzt – und aufgrund welcher Interessen. Ägyptens Sicherheitstruppen verfügen über G36, hier wurde unter Mubaraks Herrschaft mit verschiedenen Waffentypen von Heckler & Koch getötet und es wird wohl auch in der nahen Zukunft mit G36 und anderen HK-Waffen geschossen werden. (Ägypten soll G36 an Gaddafi geliefert haben, doch diese Erklärung für das Vorhandensein dieses Gewehrtyps in Libyen ist bisher nicht belegt worden. Auch ist unklar, wo die Waffen heute sind.) Brasilien hat wegen den Konflikten zwischen Polizei und Drogenmafia, aber auch durch die teilweise martialischen Vorbereitungen für eine Fußballweltmeisterschaft mit Kritik am Waffeneinsatz zu rechnen – mit Recht, wie der Blick auf frühere Menschenrechtsbrüche durch staatliche Schützen zeigt. Mexiko Sicherheitskräfte stehen weiterhin in einem Drogen- und Bandenkrieg und bewegen sich in vielen Bundesstaaten im Rahmen einer schmutzigen Politik und Schusspraxis. Auf den Philippinen wird ein „Kampf gegen den Terror“ geführt, der aber immer wieder von Korruption und Profitinteressen von Konzernen begleitet wird. Nepal hat mehrere hundert G36-Gewehre gekauft und setzt diese wohl auch im Kampf gegen Maoisten bzw. die von den Regierungstruppen als verdächtig eingestufte Zivilbevölkerung ein. Noch dazu wurde das Land mit einer Munitionsfabrik aufgerüstet. – Diese Aufzählung ließe sich leider fortsetzen.

(„Wir liefern nicht in Spannungsgebiete!“ Galt das wirklich mal?)

Abschließend dazu: Die Beispiele Libyen und Georgien (sowie die durch die Bundesregierung absichtlich verhinderte Aufklärung dieser Waffenlieferungen) zeigen, dass das G36 an Orten und in Konflikten auftauchen kann, von denen man sozusagen vorher nichts ahnt und später nichts erfährt. So lässt sich annehmen, dass dieses Gewehr auch in anderen Situationen zum Einsatz kommt, wir jedoch davon keine Bilder zu sehen bekommen und den Beweis nicht erbringen können. Das allgemeine Wissen lässt aber zu, von einer unentdeckten Verbreitung auszugehen (auch wenn es sich nicht immer um große Mengen handelt, wie angeblich in Libyen). Beispiel dafür ist ein Bild von einem libanesischen Leibwächter mit G36. Die Zahl der Exemplare ist jedoch letztlich nicht entscheidend, denn militärische automatische Schusswaffen sind eben exakt das: militärische automatische Schusswaffen. Die Schul-, Kasernen- und Kriegseinsatz-Massaker der letzten Jahre zeigen, dass eine einzige Waffe ausreicht, um eine Vielzahl von Menschen zu töten. Die deutsche Bundesregierung handelt hier fahrlässig. Leider belangt sie niemanden für Tötungen und Waffenverkäufe – weder juristisch noch politisch. Ist sie doch oft genug selber Exporteur.

Aus dem millionenfachen Mord durch das G3 wurde nicht gelernt: Mit der immergleichen Ignoranz bzw. eher Schuldverdrängung vermeiden die Bundesregierungen seit dem Ende der 1990er Jahre (konkret: Kohl/Kinkel, Schröder/Fischer, Müntefering, Steinmeier, Westerwelle, Rößler und immer wieder Merkel), die Verletzten und die Toten durch G36-Schützen zu beachten, ja vielleicht sogar zu dokumentieren. Hier geht es um die Massenvernichtungswaffe Gewehr, nicht um „kleine“ Waffen, wie die gängige Bezeichnung irreführt. Über 60 Prozent aller Kriegsopfer sind die Menge Menschen, von der wir sprechen (müssen), und auf das Konto des G36 werden immer mehr kommen, wenn die Verbreitung nicht verhindert wird. Die Konsequenz, die zu ziehen wäre, ist der Stopp von Handel und Export – und damit auch von Produktion, denn von Bundeswehr-Einkäufen allein kann ein Konzern wie Heckler & Koch nicht „überleben“. Doch diese Beendigung von Rüstungsproduktion wäre im Sinne des Grundgesetzes, auch wenn es so noch nicht drinzustehen scheint oder die PolitikerInnen Schwierigkeiten haben, das aus dem Text zu folgern.

In welcher Weise sich mit der massenhaften Verbreitung des G36 die G3-Katastrophe wiederholt, soll an drei Schwerpunkten gezeigt werden. In diesem Monat beginnen wir mit Spanien. Saudi-Arabien, Türkei bzw. Syrien und amerikanische Länder sollen folgen.

Wer Informationen beitragen kann, ist herzlich eingeladen.

G36E: E steht für Export, España und Expansion auf den Weltmarkt

Mit der Vergabe der Nachbaurechte nach Spanien im Jahr 1998 wurde eine Mauer durchbrochen. Denn zum ersten Mal stellte ein ausländischer Konzern, in diesem Fall General Dynamics, das neue Gewehr her. Die Oberndorfer Waffenhändler hatten damit für einen Gewehr-Typ, der von der Technik her gar nicht so neu ist (siehe DAKS-Newsletter Februar 2011), einen ersten wichtigen Referenzkunden gefunden – also eine Armee (und im Falle von Spanien ja auch die Marine, die Luftwaffe und Spezialkräfte), die das Gewehr auf der ganzen Welt, etwa in Afghanistan, „herumzeigt“ und belegt, dass man sich für Heckler & Koch entschieden hat. Wenn man so will, kehrte HK damit ins Ursprungsland des G3 zurück, wo unter den Franco-Faschisten auch das CETME-Gewehr entwickelt worden war.

 Die spanischen Soldaten, seit 2001 Berufssoldaten, schossen u. a. im Irak und schießen noch in Afghanistan. Doch wie auch die Bundeswehr werden die spanischen Behörden sich hüten, darüber zu berichten. Das aber ist Demokratien unwürdig! Noch schwieriger wird wohl zu ermitteln sein, ob bei der „Flüchtlingsabwehr“ auf dem Mittelmeer und im Atlantik geschossen wurde. Hier besteht also Informationsbedarf. (Interessant: Seit etwa 12 Jahren können Menschen, deren Muttersprache Spanisch ist und die aus Lateinamerika kommen, in die spanischen Streitkräfte eintreten – ein weiterer Verbreitungsweg für die Bekanntheit der benutzten Schusswaffen.)

 Fakt ist: In Spanien steht eine Fertigungslinie für das G36. Gibt es Reexporte? Chile könnte ein Beispiel dafür sein, dass das G36 nach Süd- und Mittelamerika gebracht und als Standardgewehr akzeptabel gemacht wurde. Sicherlich ein Profitgeschäft. Oder handelt es sich um einen Direktexport aus Oberndorf? In jedem Fall würde HK einen Gewinn machen, und sei es nur durch die Werbung. Zahlen und Daten zu diesen Vorgängen fehlen noch. – Die früher staatliche Firma Santa Bárbara Sistemas, heute ein Tochterunternehmen von General Dynamics, gibt an, bis 2006 etwa 56.000 Gewehre hergestellt zu haben (bei Wikipedia heißt es, bei den spanischen Streitkräften allein seien 75.000 Exemplare vorhanden, Polizeikräfte noch nicht mitgezählt). Produziert wird vor allem im galizischen A Coruña, aber auch in den vier anderen Produktionsstandorten der Firma (über Spanien verteilt, außer in Katalonien). Weiter heißt es dort, dass die spanischen Techniker für die Produktion zuständig seien. Das führt zu der Frage, ob es einen vollständigen Technologietransfer gegeben hat – anders als von den HK-Managern gern behauptet, die ja glauben machen wollen, dass die Kontrolle über die ausländischen Fertigungslinien in Oberndorf liegt! Zumindest die Munition für das G36 (Kaliber 5,56 x 45 mm NATO) scheinen die Spanier selbst produzieren zu dürfen…

Und mit der Überlegung, ab wann die spanischen Fabrikanlagen G36 für andere Kunden als die eigenen Truppen herstellen, befinden wir uns bei der Frage, wer mit diesem Gewehr in Zukunft schießen wird. Und bei der Frage, wer getroffen werden wird. Das werden Menschen sein. Nicht Pappkameraden. Menschen mit Rechten, mit Würde. Diese Menschen können mit Recht verlangen, dass Waffen unter Kontrolle kommen, also z. B. nicht exportiert werden.

 Die folgende Frage ist keine Neuheit, doch sie gilt auch für das Waffengeschäft mi Spanien: Auf welche Weise übernimmt HK Verantwortung für die weitere Verwendung der ausgemusterten Gewehre, die durch das G36 ersetzt werden? „Alt für Neu“ war die blendende Parole. Oder wo werden diese Waffen, meist CETME-Modelle, zerstört? Auch hierzu müssen die Informationen zusammengetragen werden, um Druck auf die Regierungen und Firmen ausüben zu können.

 Nun bleibt Recherchebedarf bei spanischen Einsätzen mit G36 und den möglichen Schusswaffenopfern. Der Fokus liegt dabei erstens auf Afghanistan: Die spanischen Heeressoldaten sind vor allem im Westen des Landes stationiert, in Herat betreibt die Luftwaffe ein Feldlazarett. Zweitens müssen die im Rahmen der „Festung Europa“ tätigen spanischen Einheiten auf Mittelmeer und Atlantik betrachtet werden – etwa in den Einsatzgebieten „Hera“ bei den Kanarischen Inseln und Westafrika und wohl auch im Gebiet „Nautilus“ bei Nordafrika. (Dass bei Frontex-Einsätzen geschossen wird, verdrängt die deutsche Regierung ja gern, siehe in dieser Bundestagsdokumentation auf S. 16 die Anfrage von Andrej Hunko.) Die deutsche Politik und Industrie muss sich bewusst sein, dass sie für die Opfer dieser Rüstungsexporte moralisch verantwortlich ist. Den betroffenen Menschen muss eine Stimme gegeben werden! Die Täter weltweit müssen mit Namen und Gesicht gezeigt werden!

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