Freitagabend gab es die ersten Nachrichten über einen versuchten Militärputsch in der Türkei. Es wäre nicht der erste, aber der erste seit Langem. Insgesamt viermal hat das Militär in der Türkei bereits Regierungen gestürzt, zuletzt 1980. Aber bereits nach wenigen Stunden scheint der Putsch gescheitert – am Sonntagnachmittag wird das Ende des Putschversuches auch formell verkündet.
Die verheerende Bilanz des blutigen Wochenendes sind nach Regierungsangaben in Ankara mindestens 290 tote – mehr als 100 davon sollen Putschisten sein und über 100 Zivilisten – und knapp 1500 verletzte.
Erdogan, der noch in den frühen Morgenstunden von seinem Urlaub in Marmaris zurück nach Istanbul gekehrt war, nannte den Putsch einen „Segen Gottes“ weil er Ihm die Gelegenheit zur „Säuberung“ des Militärs bieten würde.
Innerhalb kürzester Zeit werden rund 3.000 Angehörige der Streitkräfte festgenommen. Weiterhin werden über 2.700 Richter entlassen, unter anderem wurde Alparslan Altan und Erdal Tezcan, beide Richter am obersten Gerichtshof festgenommen. Der Chef der Richtergewerkschaft Yargiclar, Mustafa Karadag, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul das nicht nur mutmaßliche Unterstützer des Putsches, sondern auch völlig unbeteiligte Kritiker von Erdogan festgenommen würden.
Insgesamt zeichnet sich nach dem Putsch mitnichten eine Stärkung der modernen Demokratie in der Türkei ab. Präsident Recep Tayyip Erdogan brachte schon die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel, darüber könnte im Parlament gesprochen werden. Die Todesstrafe in Kriegszeiten war erst im Jahr 2004 abgeschafft worden, als Voraussetzung für den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen. Die Todesstrafe in Friedenszeiten wurde 2002 abgeschafft.
Das der Putsch gescheitert ist, ist gut für die fragile türkische Demokratie. Doch nun herrscht bei allen Oppositionellen die Angst dass von nun an jeder, der sich gegen das System Erdoğan wendet, von den Behörden den Putschisten zugeordnet wird.
Wohin dieser Tag eins nach dem Putschversuch die Türkei führen wird, lässt sich derzeit noch nicht beantworten.
Unter diesen Umständen sind der Export von Klein- und konventionellen Großwaffensystemen auch an den NATO-Partner Türkei nicht vertretbar.